Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern – Rasenballsport Leipzig 1:1

Mühsam nährt sich das Eichhörnchen

Mühsam nährt sich das Eichhörnchen


Emotionales Duell im Fritz-Walter-Stadion: Im Klassenkampf zwischen Lautern und Leipzig liefern sich beide Teams einen harten Fight, finden aber keinen Sieger. Trotzdem kann der FCK mit dem Unentschieden leben.

- Fanfotos: 1. FC Kaiserslautern - Rasenballsport Leipzig
- Spielfotos: 1. FC Kaiserslautern - Rasenballsport Leipzig

Kosta Runjaic zeigte sich insgesamt zufrieden: „Wir haben heute ein hochklassiges Zweitligaspiel gesehen. Natürlich hätten wir gerne gewonnen, daher sind wir auch ein Stück weit enttäuscht. Dennoch ein großes Kompliment an unsere junge Mannschaft für ein überragendes Spiel.“ In der Tat war das 1:1 zwischen dem 1. FC Kaiserslautern und Rasenballsport Leipzig ein rassiges, temperamentvolles und spannendes Zweitligamatch, in dem für die Zuschauer viel geboten war. Zwar konnte man sich nach dem Abpfiff durchaus ärgern, dass es erneut nicht zum Sieg reichte und somit ein echter Big Point verpasst wurde. Aber mit etwas Abstand überwiegen die positiven Aspekte dieses hoffentlich letzten Montagsspiels für die Roten Teufel.

Begonnen hatte der Kampf gegen den zurzeit wohl meistgehassten Klub Deutschlands schon weit vor dem Anpfiff: In der ganzen Pfalz wurden Autobahnbrücken mit Sprüchen wie „Schorle statt Red Bull“ geschmückt, rund ums Stadion zudem Plakate mit ähnlichen Slogans angebracht. Am Löwenburgkreisel grüßten die „Elf Freunde“ mit eigens angefertigten T-Shirts: „Nein zu RB“. Und auch im Stadion selbst gab es überdurchschnittlich viele Spruchbänder, vor der Westkurve prangte beispielsweise anstelle der üblichen Zaunfahnen in großen Lettern „Lautern sagt Nein zu RB“. Insgesamt wurden für diesen Tag über 100 Spruchbänder und Plakate gebastelt.

Ein groß angelegter Boykott fand – im Gegensatz zum Hinspiel – nicht statt und letztendlich war die FCK-Fanszene fast vollzählig im Stadion. Darunter auch mehrheitlich die Ultras, wobei „Frenetic Youth“ und „Pfalz Inferno“ auf ihre Zaunfahnen verzichteten und den organisierten Teil des Supports (diesmal mit Megaphon statt Anlage) der „Generation Luzifer“ überließen.

Dass es an diesem Abend auch keine Megaphonanlage brauchte, dafür sorgten vor allem die beiden Mannschaften. Mit wildem Gebrüll wurde schon der gegnerische Torwart beim ungeliebten Seitenwechsel vor dem Anstoß empfangen und in der Anfangsphase jeder Ballkontakt der Leipziger mit ohrenbetäubenden Pfiffen begleitet. Die Spieler auf dem Platz taten ihr übriges, und spätestens als der Ex-Lautrer Rodnei sich nach zwei Minuten mit Kevin Stöger und Simon Zoller anlegte, kochte der Kessel.

Weil Tobias Sippel sich im Abschlusstraining verletzt hatte, hütete Marius Müller das Tor der Roten Teufel – und musste nach einer Viertelstunde hinter sich greifen: Yussuf Poulsen sprintete mutterseelenallein über die linke Seite, wurde von Emil Forsberg bedient und schob locker zum 0:1 in die Maschen (16.). Müller, der auch mehrfach durch Ausrutscher auffiel und deshalb in der Halbzeit die Schuhe wechselte, gab sich nach dem Spiel selbstkritisch angesichts des nicht unhaltbaren Treffers. Den designierten Sippel-Nachfolger nach nur einem durchwachsenen Spiel schon abzuschreiben, wäre allerdings unfair.

Die Roten Teufel blieben bissig und antworteten schnell: Ein Gewaltschuss des aufgerückten Chris Löwe landete über Umwege bei Simon Zoller, der sich freistehend mit seinem zweiten Tor in Folge belohnte und zum 1:1 einschob (20.). Der Betze bebte und mit ihm die Mannschaft! Herrlich zu sehen war der wild entschlossene Blick bei Zollers Torjubel, dem auch andere Spieler wie Kevin Stöger oder Jean Zimmer in nichts nachstanden – das war Wille pur.

Aber da machten auch die Leipziger mit, bei denen beispielsweise Torschütze Poulsen nahtlos an das Hinspiel anknüpfte und sich schon wieder zum „Liebling“ der FCK-Fans („Alle auf die Neun“) kürte. Frei nach dem Motto „Schorle statt Red Bull“ wurde dem Dänen später noch ein Getränk gereicht und auch Jean Zimmer ließ sich nach diversen Provokationen nicht zweimal bitten. Die ganzen Frotzeleien, so schön sie für den gemeinen Betze-Fan auch waren, hätten aber freilich auch nach hinten losgehen können: Durch die hochkochenden Emotionen war das Spiel zeitweise sehr zerfahren und ein Gegner mit größerer Cleverness als Leipzig hätte das wahrscheinlich ausnutzen können.

Für die Stimmung konnte es hingegen nichts besseres geben als diese dank Zimmer und Co. von den Rängen auf den Rasen getragene Kampfeslust gegen den Leipziger „weRBeverein“. Zwar war noch lange nicht alles Gold, was glänzte, es gab Leerlaufphasen, in denen fast nur die Ultras die Mannschaft noch unterstützten, und sowieso kann man Leipzig nicht mit einem 08/15-Spiel gegen Heidenheim und Co. vergleichen. Aber: Die FCK-Fans zeigten nach längerer Zeit auch zuhause endlich mal wieder ihr Potential und wurden damit im klassischen Sinne zum „zwölften Mann“.

Nur der Siegtreffer fehlte, um den Betze explodieren zu lassen. Der für den verletzten Zoller eingewechselte Sebastian Jacob hatte ihn in der zweiten Halbzeit auf dem Fuß und auch Alexander Ring, nach Zuckerpass von Kerem Demirbay, in der allerletzten Minute. Was da wohl losgewesen wäre, wenn dieser Ball den Weg ins Tor gefunden hätte?

So blieb es aber beim 1:1 und dem damit erstmal verbundenen Frust über den ersten Punktverlust im heimischen Fritz-Walter-Stadion seit fünf Monaten. Nach wie vor fehlt in dieser Saison der allerletzte Kick, der eine Euphorie entfacht wie etwa beim Aufstieg vor fünf Jahren. Woran das liegt, wird zurzeit in der FCK-Fangemeinde viel diskutiert, wahrscheinlich hat es ganz viele kleine Gründe. Aber Fakt ist: Wie ein Eichhörnchen sammeln die Roten Teufel in den letzten Wochen mühsam Punkt um Punkt und halten die ebenfalls nicht fehlerfreie Konkurrenz auf Distanz, ohne dabei jedoch davonzuziehen. Aber Lautern steht auf einem direkten Aufstiegsplatz, Darmstadt und Karlsruhe nicht. Wenn das so bleibt, dann kann in einem Monat die große Party starten. Davor müssen sich die jungen Wilden aber endgültig beweisen: In Bochum und Darmstadt stehen nun erstmal zwei ganz schwere Auswärtsspiele an. Der Showdown naht!

P.S.:
„Ich bin auch überzeugt, dass Leipzig, was Auswärtsspiele angeht, nach Schalke und Dortmund wahrscheinlich die größte Zahl an Fans mitbringen würde“, hatte Leipzigs Sportdirektor Ralf Rangnick vor sieben Wochen mit Blick auf einen möglichen Aufstieg gesagt. Im Fritz-Walter-Stadion verirrten sich am Montag gerade mal 250 mitgereiste Fans im Gästebereich...

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

Kommentare 73 Kommentare | Empfehlen Artikel weiter empfehlen | Drucken Artikel drucken