Spielbericht: 1860 München – 1. FC Kaiserslautern 1:1

Der Rückfall

Der Rückfall


Kalt und nass war es in München. Schwach und ideenlos das Spiel der Roten Teufel. Nur ein Punkt und der Rückfall in alte Zeiten. DBB-Autor paulgeht fasst seine Eindrücke zusammen.

- Fotogalerie | Fanfotos 1860 - FCK
- Fotogalerie | Spielfotos 1860 - FCK

Es hätte eigentlich alles so gut sein können: Endlich nutzt der FCK die kalte Jahreszeit vor Weihnachten, um in der Tabelle eine gute Ausgangsposition für die 15 verbleibenden Spiele im neuen Jahr zu erreichen. Das Spiel gegen Aue schaffte Mut, Optimismus und Selbstvertrauen, Spitzenreiter Ingolstadt bietet man Paroli, die schwächelnden Löwen aus München besiegt man, bevor es mit einem standesgemäßen Heimsieg gegen Sandhausen in die Winterpause geht. Zehn bis zwölf Punkte mehr auf dem Konto und in der Tabelle ein bisschen abgesetzt. Es hätte der „Betzember“ sein sollen. Es hätte. Irgendwann zwischen der 60. und 70. Minute, als in der Münchner WM-Arena der nasskalte Regen in Bindfäden fiel, die Kälte gefühlt immer tiefer in die Knochen drang und der FCK ideenlos einem 0:1 gegen sich einmauernde Löwen hinterherlief, da verstummte für kurze Zeit der Gästbelock, erschöpft von dem verzweifelten Versuch, in der gähnenden Leere des weiten Runds das eigene Team nach vorne zu schreien. Und spätestens da war irgendwie jedem klar, dass der „Betzember“ im positiven Sinne wohl nicht mehr bleibt, als eine reine Wunschvorstellung.

Tatsächlich sahen die mitgereisten FCK-Fans eine Lautrer Mannschaft, die zwar wieder mal dem Gegner taktisch und technisch weit überlegen war, aber den direkten Weg zum Tor nicht fand. Die Ideenlosigkeit, mit der die Roten Teufel das Bollwerk der Sechzger knacken wollten, erinnerte an alte, längst überwundene Zeiten in den beiden Jahren nach dem Abstieg. Es fehlte vor allem über die Außenbahnen und im Zentrum an Gefahr, Tempo und der letzten Durchschlagskraft.

Erahnen konnte man diese Herausforderung für den FCK früh. Lautern war in den ersten 20 Minuten die bestimmende Mannschaft, fand aber regelmäßig etwa 20 Meter vor dem Tor kein Mittel, um die beiden engmaschigen Abwehrreihen des Gegners zu durchbrechen. Spätestens seit dem Spiel gegen Aue weiß man beim FCK um den Wert von Standardsituationen in solchen Spielen. Paradoxerweise war es ein eigener Eckball, der dann das völlig überraschende und gleichsam unverdiente Tor für die Gastgeber einleitete. Die Ecke von Kerem Demirbay, weit vom Tor weggezogen, landete bei Kevin Stöger, der allerdings den Ball an der Strafraumkante verlor. Der zurückeilenden Abwehr gelang es zwar zunächst, den direkten Gegenangriff der Löwen abzudrängen, doch den zweiten Ball von Adlung, hoch in den Lautrer Strafraum, verwertete Yannick Stark per Kopf und ziemlich alleingelassen zum 0:1 ins Tor. Ärgerlicher kann man sich einen Gegentreffer kaum fangen. Ärgerlich auch, weil die Fernsehbilder hinterher zeigten, dass dem Ballverlust von Kevin Stöger ein Foulspiel eines Löwen vorangegangen war. Der Treffer hätte nicht zählen dürfen.

Die kalte Dusche für den FCK und seine Anhänger. Immerhin 1.200 FCK-Fans hatten unter der Woche den Weg nach München in die Südkurve gefunden. Kein überragender Wert, aber angesichts der unsinnigen Anstoßzeit um 17:30 Uhr an einem Werktag und dem zweiten Auswärtsspiel auf bayerischem Boden innerhalb von vier Tagen auch nicht unterirdisch schlecht. So war der Gästeblock einige Male recht laut in seinen Anfeuerungen, gönnte sich aber mit der Zeit und dem dargebotenen Spiel häufiger mal eine Verschnaufpause. Es ist allerdings auch nicht gerade motivierend, 90 Minuten lang gegen ein so gut wie leeres Stadion anzubrüllen.

Am besten wird man diesen Umstand auf der Gegenseite kennen. Der Löwen-Fanblock stand zwar eng beieinander und war vor allem gegen Ende einige Male richtig laut zu vernehmen, doch war es auch irgendwie erschreckend zu sehen, wie viel Platz sogar in der Fankurve der Gastgeber frei blieb. Haupt- und Gegentribüne waren sogar fast komplett leer. Die Zuschauerzahl lag offiziell bei 13.800 – tatsächlich dürften es noch weniger gewesen sein, vielleicht sogar unter 10.000.

So viele leere Plätze in einem Fußballstadion, nämlich fast 60.000, hatten die FCK-Fans bei einem Ligaspiel zuletzt vor fast 50 Jahren bei Tasmania Berlin gesehen (damals 3.000 Zuschauer am 12. März 1966 im Olympiastadion). Auch wenn sich auf der Heimseite mit Sicherheit der bisherige Saisonverlauf und auch die Anstoßzeit bemerkbar machen: die Löwen können einem fast leid tun und nichts wäre ihnen mehr zu gönnen, als die ersehnte Rückkehr ins Grünwalder Stadion. Nicht auszudenken, dass man als FCK-Fan regelmäßig alle zwei Wochen in einem quasi leeren, seelenlosen Stadion seine Heimspiele bestreiten müsste.

So trist die Kulisse, so trist das Spiel auf dem Platz. Auch wenn sich der FCK in der zweiten Halbzeit deutlich mehr bemühte. Doch nach wie vor waren es ein paar Prozent, die den Mannen von Kosta Runjaic vor dem Tor der Löwen fehlten. Es entwickelte sich das typische Spiel: Lautern rannte an, fand aber keine Ideen, um das Bollwerk des Sechzger zu durchbrechen – die Gastgeber stellten alles was nicht niet- und nagelfest war vor das eigene Tor und waren nur bei Kontern in der Nähe des Lautrer Tors, die allerdings selten echte Gefahr brachten. Und was doch aufs Gehäuse kam, wurde von Tobias Sippel entschärft, dem besten Lautrer an diesem Abend.

Auch die Herausnahme des völlig bindungslosen Srdjan Lakic, für den Philipp Hofmann ins Spiel kam, änderte nichts im Spiel. Die Roten Teufel rannten sich ein ums andere Mal fest, verpassten regelmäßig den richtigen Moment zur Flanke oder zum Pass und konnten zu wenig Gefahr im Strafraum verursachen. Es war wohl eine der schlechtesten Saisonleistungen bisher. Dass der FCK wenigstens einen Trostpunkt mitnehmen durfte, ist neben Sippel vor allem zwei Spielern zu verdanken: Manfred Osei Kwadwo und Markus Karl. Insbesondere „Manni“, in der 79. Minute eingewechselt, sorgte noch einmal mit seinem erfrischenden und direkten (!) Spiel für etwas Schwung. Er war es auch, der in der 84. Minute einen Eckball für die Lautrer herausholte, der nach einem Gestochere im Fünfmeterraum von Karl im zweiten Anlauf zum 1:1-Ausgleich über die Linie gedrückt wurde. Zaunsturm, Jubel und Anfeuerungsrufe im Gästeblock, für kurze Zeit war noch mal echte Euphorie zu spüren – doch irgendwie wurde dann doch schnell klar: mehr als ein Punkt ist heute nicht drin.

Nach dem Abpfiff wurde die Mannschaft mit zaghaftem Applaus verabschiedet und zum letzten Auswärtsspiel des Jahres, unter Führung von Markus Karl und Sebastian Jacob, noch einmal zum Abklatschen an den Zaun gerufen. Gegenseitige Aufmunterung war angesagt. Danach aber machte sich eher Ernüchterung unter den mitgereisten Lautrer Fans breit. Ernüchterung, weil man wieder einmal die Chance zum Sprung in der Tabelle verpasst hat. Ernüchterung, weil man wieder einmal in der Fremde keinen Sieg geholt hat. Ernüchterung, weil der FCK wieder einmal vor Weihnachten in der Tabelle abzufallen droht. Und Ernüchterung vielleicht auch, weil das Team doch noch nicht so weit ist, wie manch einer gedacht hat. Insofern bleibt nur zu hoffen, dass der Rückfall in alte Zeiten eine Lehre für das Team sein wird, das sich nun mit einem Sieg am Sonntag gegen Sandhausen noch einigermaßen mit einem „guten Gefühl“ und entsprechendem Tabellenplatz in die Winterpause verabschieden kann. Dann wäre der Dezember wenigstens nicht so erfolglos wie in den letzten Jahren.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: paulgeht

Kommentare 114 Kommentare | Empfehlen Artikel weiter empfehlen | Drucken Artikel drucken