Spielbericht: Hertha BSC - 1. FC Kaiserslautern 1:2

Wooten schießt Lautern in die zweite Liga

Wooten schießt Lautern in die zweite Liga


Der 1. FC Kaiserslautern ist abgestiegen, weil die Verantwortlichen zu viele falsche Entscheidungen trafen. Für manche gab es keine Alternativen, für andere schon. Ein Paradebeispiel hierfür lieferte Andrew Wooten beim 2:1-Erfolg in Berlin, dem ersten Sieg nach 21 Spielen.

„Wooten ist nicht bundesligareif“, „Wooten drängt sich im Training nicht auf“, „Wooten geht nicht in die Zweikämpfe“, bekam man von den Verantwortlichen über Monate hinweg zu hören. In Berlin zeigte nun der Mann, der zuvor mit 20 Treffern in der Regionalliga West mehr Tore erzielt hatte, als alle seine Bundesliga-Kollegen zusammen, was wirklich in ihm steckt. Im sportlich fast bedeutungslosen Spiel bei der Hertha durfte er erstmals von Beginn ran und entschied die Partie für den FCK. Die Vertragsgespräche mit dem Wormser sollten nun obere Priorität haben auf der langen To-Do-Liste von Stefan Kuntz.

Während Richard Sukuta-Pasu krank war und Sandro Wagner auf der Bank Platz nehmen musste, beackerte Wooten gemeinsam mit den Außenläufern Kostas Fortounis und Olcay Sahan sowie Pierre De Wit die Offensive. Gegen die verletzungsgeplagte Hertha kam der FCK gut ins Spiel, wurde endlich mal nicht von schweren individuellen Fehlern gestoppt und führte plötzlich mit 2:0. Zunächst waren es Wooten und Sahan, deren starke Kombination im Strafraum Oliver Kirch vollendete (27.). Und dann ließ es Wooten mit einem strammen Schuss selbst klingeln, nachdem er von De Wit und Fortounis in Szene gesetzt wurde (38.). Was war denn hier los?! 51.461 Zuschauer rieben sich verwundert die Augen und die zunächst durchaus lautstarken Hertha-Fans verabschiedeten ihr Team mit einem ohrenbetäubenden Pfeifkonzert in die Kabine.

Berlin lag jetzt mental völlig am Boden und die Roten Teufel nutzten das aus - was auch nicht selbstverständlich ist, da der FCK diese Saison schon oft gegen schlechte Gegner einfach noch schlechter gespielt hat. Gegen die Hertha war das jedoch nicht möglich. Die Gastgeber versuchten es in der zweiten Halbzeit zwar mit allen Mitteln, fanden gegen die gut stehende Lautrer Defensive aber kein Durchkommen. Der FCK setzte auf Konter und Ergebnisverwaltung und fuhr damit gut. So gelang Peter Niemeyer nach einem Eckball und gewonnenem Zweikampf gegen den Ex-Herthaner Rodnei nur noch der Anschlusstreffer (60.), aber mehr war nicht drin. Spätestens als eben jener Niemeyer eine Viertelstunde vor Abpfiff mit Gelb-Rot vom Platz musste, war der Drops gelutscht. Zu bemängeln war allenfalls die Chancenauswertung beim FCK, die einen höheren Sieg verhinderte. Den Vogel schoss dabei Olcay Sahan ab, der kurz vor Schluss mit einem Abspiel Marke Kreisliga das zweite Bundesligator von Andrew Wooten verhinderte - der „Kicker“ bezeichnete diese Szene später als „die Mutter aller Torchancen“. Ähnlich sprachlos machte an diesem Tag aus sportlicher Sicht höchstens noch Krassimir Balakovs Statement zum lange verschmähten Wooten: „Was soll ich sagen? Unsere Fans haben recht gehabt. Man muss ab und zu den Fans auch zuhören.“

Mit 2:1 gewinnt der FCK also in Berlin, schließt damit die Serie von 21 sieglosen Spielen in Folge ab und nimmt die Hertha wohl mit in die zweite Liga. Glück hatte die alte Dame, dass im Parallelspiel der 1. FC Köln die Führung gegen Stuttgart nicht über die Zeit bringen konnte und damit immer noch in Reichweite ist. Für Lautern hingegen bedeutete das Unentschieden des FC den nun auch statistisch besiegelten Abstieg. Entsprechend bedrückt war die kleine Siegesfeier nach Abpfiff, bei der die Spieler sogar kurz noch mal aus den Katakomben herauskamen, um sich ein zweites Mal beim mitgereisten Anhang zu bedanken. Die Roten Teufel hatten beim endgültigen Abschied aus der Bundesliga doch noch einmal Anstand gezeigt und es wurde deutlich, wie schnell die FCK-Fans zur Versöhnung bereit sind - das in der zweiten Liga erstmal dicke Luft herrscht, muss jedenfalls niemand befürchten, solange die Mannschaft eben auch etwas zurückgibt. Feierstimmung ist für die verbleibenden zwei Spiele gegen Dortmund und Hannover trotzdem nicht zu erwarten und auch nicht angebracht.

Ganz andere Sorgen hatte an diesem Tag die Lautrer Ultraszene, die mit vier Bussen zum Spiel nach Berlin reiste. Auf einem Rastplatz vor den Toren der Hauptstadt, etwa zwei Stunden vor Anpfiff, wurde der Konvoi von der Autobahn gewunken und sämtliche Fans in aller Seelenruhe polizeilich erfasst. Grund: Jemand hatte am Morgen auf einer Tankstelle Mist gebaut und etwas geklaut. Seitdem waren die Busse über hunderte Kilometer von der Polizei begleitet worden, ehe kurz vor Berlin die dreispurige Autobahn komplett gesperrt wurde, um die Ultras rauszuziehen und es ihnen mal richtig zu zeigen. Dass Diebstahl von unnötigem Kram einfach nur dumm ist, darüber muss man nicht diskutieren - dass aber wegen der Tat Einzelner 250 Fußballfans in Sippenhaft genommen und daran gehindert werden, ihre Mannschaft im Stadion zu unterstützen, ist mehr als nur kritisch zu hinterfragen.

Im Olympiastadion, wo der Gästeblock aufgrund der sportlichen Situation ohnehin nur spärlich gefüllt war, mussten somit andere Stimmungsmacher in die Bresche springen. Angeheizt von Fanclubs wie der „Berliner Bagaasch“ (mit den drei einzigen Schwenkfahnen im FCK-Bereich) und den „Devils Apostles“ konnten die Betzefans auch einige Male auf sich aufmerksam machen, gingen im weitläufigen Rund insgesamt aber doch eher unter. Als in der Nachspielzeit dann unter dem Jubel des ganzen Gästeblocks die Ultras einmarschierten, wurde nochmals ein kurzer Akzent gesetzt, derweil die Berliner Fans längst frustriert auf Stumm geschaltet hatten.

Zurück zum Sportlichen: Der FCK steigt zum dritten Mal aus der Bundesliga ab und hat unter dem Strich die wohl schlechteste Saison der Vereinsgeschichte hingelegt. Vor Stefan Kuntz und seinen Helfern liegt eine ganze Menge Arbeit, die nur im Schulterschluss mit dem ganzen Umfeld gemeistert werden kann. Es darf kein Hilfsangebot aufgrund persönlicher Eitelkeiten abgelehnt werden, keine Kritik unterdrückt werden, nur weil sie unbequem ist. Wenn das gelingt, dann kann das Flaggschiff „Unzerstörbar“ mit Stefan Kuntz und der gesamten FCK-Familie an Bord wieder auf Kurs gebracht werden. Wenn nicht, könnten düstere Zeiten bevorstehen...

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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