Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - Schalke 04 1:4

Nur Schalke rockt den Betzenberg

Nur Schalke rockt den Betzenberg


Olcay Sahan war vor dem FCK-Heimspiel gegen Schalke offenbar in Partylaune. „Wir werden die Bude rocken!“, notierte er einem „Rheinpfalz“-Redakteur in den Block. Der muss ein wenig verwundert geguckt und sich gedacht haben: Der lebensfrohe Herr Sahan weiß aber schon, dass der FCK seit 15 Spielen nicht mehr gewonnen hat...

Erstaunt guckten auch die 49.780 Zuschauer im ausverkauften Fritz-Walter-Stadion als Sahan in der 45. Minute einen katastrophalen Querpass auf Christian Fuchs spielte. Fuchs lief noch 30 Meter, spielte links raus auf Klaas-Jan Huntelaar. Der schlug einen Haken, ließ Mathias Abel ins Leere laufen und schoss diesem schließlich durch die Beine zum 1:2 ein. Marco Kurz hatte auf Sahan gesetzt, nachdem Richard Sukuta-Pasu in Stuttgart mit schweren Orientierungsproblemen und später mit einer Magen-Darm-Grippe kämpfte. Aber Sahan enttäuschte die Erwartungen seines Trainers erneut. Schon vor seinem Blackout kurz vor dem Halbzeitpfiff hatte sein Gegenspieler Fuchs ihn mehrfach vorgeführt. Fuchs ging schließlich mit einem Assist und ohne blaue Flecken in die Kabine, Sahan kam nicht mehr aus dieser heraus.

Doch das Spiel war gelaufen. Eigentlich war es das schon in der 39. Minute, als Lewis Holtby seinen Schuss zum Sonntag ansetzte. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der FCK schon in und um den Strafraum verkrochen - und folgerichtig auch Holtby bei seinem Tor nur halbherzig angegriffen. Hat denn keiner am Donnerstag Europapokal geschaut?

Dabei meinte es der Fußballgott doch gut mit den Lautrern an diesem trüben Sonntag. Rodnei, der nur spielte, weil sich Simunek verletzt hatte, nickte schon nach 180 Sekunden völlig verwaist zur Führung ein. Die Schalker wirkten nicht nur in dieser Szene schlafmützig. Vielleicht dachte sich mancher, mein Gott, bitte nicht schon wieder so ein 0:5-Alptraum wie im letzten Jahr. Doch der FCK blieb nicht am Drücker, die Ungenauigkeiten häuften sich - wie so oft - und schließlich überließ man dem Gegner ganz das Feld. So war der Ausgleich der Schalker nur eine Frage der Zeit. Selbst das Abseitstor durch Huntelaar (32.) - nach königlichem Hackentrick von Raul - weckte die FCK-Mannschaft nicht mehr aus ihrer Starre.
Erschreckend die Körpersprache der Kurz-Arbeiter. Selbst bei der eigenen Riesenchance auf das 2:0, direkt nach Huntelaars Doch-Nicht-Tor. Sandro Wagner läuft auf den Kasten zu, mit Blick auf den Ball, den er kaum kontrollieren kann. Schießt nicht, passt nicht. Christian Tiffert winkt und ruft. Und bekommt spät den Ball. Auch er schießt nicht direkt und wird abgeblockt.

Dass die Mannschaft nicht die spielerische Qualität von Schalke und den meisten anderen Bundesliga-Mannschaften hat. Geschenkt. Aber die Mannschaft hat offensichtlich auch keine mentale Stärke. Es fehlt der Leader. Es fehlt der Spirit. Es fehlt Konzentration. Die Minuten nach der Pause waren gespenstisch. Der bisherige Tiefpunkt dieser Saison. Da fröstelte es selbst den größten Frohnaturen unter den FCK-Fans. Kurz hätte auch nur Sippel aufs Feld schicken und den Rest in der Kabine lassen können. Einen Unterschied hätte es nicht gemacht. Den Schalkern langte die halbe Kraft, um Gala-Tore von Raul (51.) und Jefferson Farfan (81.) folgen zu lassen. Schiri Gagelmann musste nicht einmal Gelb zeigen.

Kurz hat es in dieser Saison nicht geschafft, ein Team zu formen, das dem enormen Druck des Abstiegskampfes standhält. Gerade diese Fähigkeit war in der vergangenen Saison entscheidend. Man denke an den Sieg in Stuttgart. Wenn man sieht, mit welcher Entschlossenheit, welcher Energie und welchem Kampfeswillen die Rivalen aus Augsburg und Freiburg derzeit zu Werke gehen, dann ist der 18. Platz des FCK verdient.

Ein Schalker-Fan sagte zu mir nach dem Spiel: Am meisten hätte ihn überrascht, dass sich der FCK nicht aufgebäumt hätte. Zu keinem Zeitpunkt hätte er daran gezweifelt, dass seine Königsblauen als Sieger vom Platz gehen. Nur die FCK-Fans seien erstklassig gewesen.

Die Unzerstörbaren, die die schon in Stuttgart in bester Lautrer-geben-niemals-auf-Manier gegen das Geschehen auf dem Spielfeld ansangen. Sie lösten auch heute ihr „Gemeinsam für den FCK“-Versprechen ein. Beim Warmschießen wurde jeder Treffer beklatscht, die werbefreien Minuten vor dem Anpfiff durchgesungen und dann das 17. Saisontor enthusiastisch gefeiert. Mit dem Torjubel der gut 8.000 Schalker zum 3:1 wurde der FCK-Anhang dann stumm. Zwar ließen Vereinzelte ihrem Unmut freien Lauf, aber die Mehrheit stand oder saß kreidebleich auf ihren Plätzen. Tausende verließen das Stadion lange vor dem Abpfiff.

Der Geräuschpegel stieg nur dann noch mal an, als sich die Mannschaft zum obligatorischen Kreis traf. Das empfanden die verbliebenen Fans als Hohn, pfiffen und geiferten sich die Seele aus dem Leib. Zumindest hier würden die Laufwege stimmen und ein System sei erkennbar, spottete mancher vor sich hin. Als die Mannschaft Richtung Westen marschierte, gab es ebenfalls wütende Rufe („Außer Sippel könnt ihr alle gehen“). Der Kopf des Trainers wurde allerdings auch diesmal nicht gefordert.

In der Nordtribüne und am Spielerausgang setzten sich die Frustbekundungen fort und es kam schließlich zu vereinzelten Gespräche zwischen aufgewühlten FCK-Treuen und Mannschaft.

Was bleibt, ist eine Mischung aus „Wut, Enttäuschung und Angst“, wie der Vorstandsvorsitzende Stefan Kuntz treffend nach dem Spiel sagte. Noch ist der FCK nicht abgestiegen. Klar. Aber an Freiburg oder Hamburg will nach dieser Bankrotterklärung auf dem Spielfeld heute Abend keiner denken.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Marky

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