Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - Borussia Mönchengladbach 1:2

Ein erster Schritt - nicht mehr und nicht weniger

Ein erster Schritt - nicht mehr und nicht weniger


45.661 motivierte Zuschauer pilgerten zum Heimspiel des 1. FC Kaiserslautern gegen Borussia Mönchengladbach ins Fritz-Walter-Stadion. Wer genau hinschaute, stellte allerdings fest, dass in der eigentlich ausverkauften Westkurve mehr freie Plätze zu sehen waren als sonst - neben Karnevalsleichen und Schönwetterfans blieben wohl auch jene Dauerkarteninhaber daheim, die nach den mageren Auftritten der vergangenen Wochen erstmal die Schnauze voll hatten. Eines vorweg: Der Stimmung sollte dies nicht unbedingt abträglich sein.

Aus Gladbach reisten etwa 8.000 Anhänger mit, die in Kleingruppen auch überall auf der Nord- und Südtribüne dazwischen saßen. Im Gästeblock wurden optisch einige Fahnen sowie zwei Spruchbänder gezeigt und auch akustisch ließen die Borussen in ihrer aktuellen Europacup-Euphorie mehrmals von sich hören.

In der Westkurve gab es ebenfalls einige Spruchbänder zu sehen sowie zu Spielbeginn eine kleine Choreographie der „Frenetic Youth“, mit der die FCK-Fans ihrem Weltmeister Horst Eckel nochmals zum 80. Geburtstag gratulierten. Noch wichtiger: Die Stimmung war insgesamt gut und unterstützend! Das war insbesondere nach dieser Anfangsviertelstunde nicht selbstverständlich...

Im Vergleich zum Spiel in München hatte Marco Kurz seine Elf auf gleich fünf Positionen umgestellt, was aber hauptsächlich durch die Rückkehr der verletzten und gesperrten Spieler bedingt war. Und die Truppe begann kämpferisch, hatte sich offenbar ebenso wie die Fans viel vorgenommen. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt: De Camargo, Herrmann, Tor (9.), Reus, Arango, Tor (14.) - nach nichtmal einer Viertelstunde stand es schon 2:0 für Gladbach, die den gar nicht mal schlecht spielenden FCK mit Traumpässen und One-Touch-Fußball kalt erwischten. Natürlich kann man darüber diskutieren, ob eine Abwehr in Überzahl nicht an den Ball kommen müsste, aber irgendwie muss man den sehenswerten Fußball der Gladbacher - nicht nur in diesem Spiel - auch anerkennen.

Die Roten Teufel steckten nicht auf, wären durch Pierre de Wit zwischenzeitlich sogar fast zum Ausgleich gekommen, aber der Freistoß des gebürtigen Kölners traf nur die Latte. Auch Sandro Wagner setzte später noch einen Ball an den Außenpfosten - wie schon im Heimspiel gegen Bremen ist das eben einer der Unterschiede zwischen oben und unten. So blieb es zur Halbzeit beim 0:2 und die Partie schien eigentlich schon verloren.

Bemerkenswert: Auch zum Pausentee gab es kein Pfeifkonzert gegen das eigene Team. Die Zuschauer zeigten den berühmten guten Riecher in ihrer Bewertung der Situation und einige erinnerten sich wohl auch an die Worte von Trainer Kurz, der sich für die 90 Minuten das Aufsetzen der rot-weißen Brille beim Anhang gewünscht hatte. Das diese „Never surrender“-Einstellung positiv wirkt, zeigte sich dann in der zweiten Halbzeit - zumindest ansatzweise.

Marco Kurz setzte zunächst ein Zeichen mit offensiven Wechseln: Richard Sukuta-Pasu und der junge Julian Derstroff kamen rein, später außerdem der wiedergenesene Dorge Kouemaha. Besonders der 19-jährige Derstroff wusste bei seinem ersten Bundesligaspiel auf dem Betzenberg durch jugendliche Unbekümmertheit zu gefallen und stellte die Borussen-Abwehr mit seinen frechen Dribblings immer wieder vor Probleme.

Ein weiteres Debüt brachte den Betze dann endgültig zum kochen: Leon Jessen zog nach gut einer Stunde vom Strafraumeck ab und erzielte aus 25 Metern seinen ersten Bundesligatreffer - Traumtor (63.)! Jetzt ging es so richtig rund im Fritz-Walter-Stadion, Mannschaft und Fans trieben sich gegenseitig nach vorne und das Spiel fand nur noch in der Gladbacher Hälfte statt. Zwei Statistiken der insgesamt eigentlich ausgeglichenen Partie belegen die Lautrer Leidenschaft: 13:7 Torschüsse und 25:2 Flanken standen nach dem Spiel auf dem Datenblatt.

Ariel Borysiuk und zwei Mal Dorge Kouemaha suchten in den folgenden Minuten den Abschluss, scheiterten aber an Marc-André ter Stegen im Gladbacher Tor. Die Tugenden, die Vereinsboss Stefan Kuntz im Vorfeld gefordert hatte, waren definitiv vorhanden: Kampf, Herzblut, Leidenschaft und Einsatz - das wird niemand abstreiten können.

Dass die Lautrer ihr Powerplay nicht bis zur 90. Minute durchhielten und das Spiel dann trotzdem verloren, lag letztendlich auch an der Qualität der Fohlen, die in dieser Saison einfach höher ist als jene der Roten Teufel. So gesehen war der gute kämpferische Auftritt erneut zu wenig für den so wichtigen Befreiungsschlag im Abstiegskampf. Von null auf hundert innerhalb von einer Woche geht dann wohl doch nicht so einfach, aber im Vergleich zum Offenbarungseid gegen Köln war eine deutliche Steigerung erkennbar. Diese wurde dann auch von den Fans honoriert, die sich nach Abpfiff ebenso wie das Team kämpferisch zeigten.

Berechtigt ist aber auch die Frage, warum der FCK gegen eine Mannschaft von ganz oben mal wieder eine gute Leistung zeigte, diese aber bei Gegnern auf Augenhöhe so oft nicht abrufen kann. Unter dem Strich stehen null Punkte aus diesem Spiel und weiterhin Zitterplatz 16 - dabei könnte es viel besser aussehen, wenn die Roten Teufel gegen Köln, Augsburg, Nürnberg und Co. mit derselben Leidenschaft wie gegen die Borussen zu Werke gegangen wären.

So bleibt nun abzuwarten, ob der erste Gladbacher Sieg auf dem Betze seit fast 17 Jahren vielleicht auch für den FCK die Wende zum Guten eingeleitet hat. Denn ohne etwas schönreden zu wollen: Mit dem Zusammenhalt und Willen vom Gladbach-Spiel muss einem im Abstiegskampf nicht bange sein. Dann kommen die nötigen Siege von selbst, fällt der Ball auch mal wieder ins Tor statt auf die Latte. Grundvoraussetzung dafür ist aber, dass der Weg weiter gegangen wird, auf den am Samstag ein erster kleiner Schritt gesetzt wurde - das bevorstehende Prestigeduell in Mainz könnte dafür genau das richtige Spiel sein.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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