Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - Hansa Rostock 0:1

Ein Tag zum Vergessen

Ein Tag zum Vergessen


Fußballparty auf dem Betzenberg! 50.000 Zuschauer kamen zum Heimspiel des 1. FC Kaiserslautern gegen Hansa Rostock ins Fritz-Walter-Stadion und sorgten damit bereits vor dem Anpfiff für einen ligaweiten Saisonrekord. Mit einem Sieg konnten die Roten Teufel die vorzeitige Rückkehr in die Bundesliga feiern, es sollte ein historischer Tag werden. Doch der 23. April 2010 wurde einfach nur ein Tag zum Vergessen.

Es war alles gerichtet für die große Party. Nicht lizensierte Händler verkauften bereits Aufstiegsschals und T-Shirts, auf der FCK-Homepage war - versehentlich - schon eine Jubelgrafik eingeblendet, die Stadt verteilte Sondergenehmigungen zum zusätzlichen Bierausschank, unter den Fans wurde nur noch über die Party nach dem Spiel gesprochen und auch beim FCK liefen hinter den Kulissen bereits die Vorbereitungen für eine mögliche Aufstiegsfeier.

Auf den Rängen war die Stimmung schon lange vor Spielbeginn entsprechend gut, die Schalparade beim „You'll never walk alone“ reichte bis weit in die Südtribüne hinein, und überhaupt alle Zuschauer wirkten hochmotiviert. Aus Rostock waren etwa 800 Schlachtenbummler angereist, die einige Schwenkfahnen zeigten sowie während dem Spiel ein paar bengalische Feuer zündeten.

FCK-Trainer Marco Kurz schickte eine zurückhaltende Mannschaft auf den Platz, in der Bielefeld-Torschütze Srdjan Lakic erstmals Adam Nemec von Beginn an ersetzte. Die Unterstützung von den Rängen war zunächst überragend, die Mannschaft sollte möglichst schnell zum Führungstreffer getragen werden. Doch es gab kein Powerplay, wenig Leidenschaft und so gut wie keine Torchancen. Vielmehr neutralisierten sich beide Teams, bis in der 28. Minute endlich der Knoten zu platzen schien: Tim Sebastian hielt Lakic im Strafraum fest, Schiedsrichter Günter Perl zeigte sofort auf den Punkt. Elfmeter! Tosender Jubel auf dem Betzenberg, der entscheidende Schuss in die Bundesliga stand bevor. Sidney Sam legte sich den Ball zurecht... lief an... und verschoss! Ein Aufschrei ging durchs Publikum, die Spieler konnten es nicht fassen, der Gästeanhang jubelte. Und doch zweifelte immer noch kaum jemand daran, dass der Aufstieg an diesem Tag klar gemacht wird.

Nach einer halben Stunde hätte Sam seinen Fehler beinahe wieder gut gemacht, doch Hansa-Keeper Alexander Walke hatte nun Blut geleckt und konnte den Schuss der HSV-Leihgabe abwehren. Doch was war dann los? Immer noch kein Powerplay vom FCK, die Stimmung passte sich immer mehr dem schlechten Spiel an und plötzlich kamen die Rostocker zu Chancen. Es lief bereits die Nachspielzeit der ersten Hälfte, als Oliver Schröder einen letzten Freistoß in den Lautrer Strafraum zog und dort den viel zu frei stehenden Kai Bühlow fand, der per Kopf die überhaupt nicht eingeplante Führung für die Gäste erzielte. Tor für Rostock (45.+1)!

Die Stimmung war nun endgültig kaputt, weder Vorsänger Sascha Kempf noch Stadionsprecher Horst Schömbs konnten das Publikum in der zweiten Halbzeit entscheidend aufrütteln. Immerhin waren fast drei Mal so viele Zuschauer im Stadion wie vor zweieinhalb Jahren gegen den SV Wehen-Wiesbaden - zwar wünscht sich jeder ein volles Stadion, aber scheinbar können manche Fans die Höhepunkte nicht entsprechend zelebrieren, weil sie schlichtweg die Tiefpunkte nicht miterlebt haben.

Der FCK kam weiter zu viel zu wenigen Chancen, die Roten Teufel zeigten zu wenig Engagement und konnten offensichtlich nicht gut genug mit der Situation umgehen. Dem gegenüber stand nun eine selbstbewusste Hansa, die ihr Wunschergebnis erreicht hatte und fortan auf kontrollierte Defensive setzte - inklusive eines überragenden Schlussmanns Walke, der die wenigen besseren Gelegenheiten des FCK entschärfen konnte. Doch es gab auch Entlastungsangriffe des Abstiegskandidaten, die unter anderem fast zu einem Eigentor durch Martin Amedick geführt hätten - pures Glück, dass er Tobias Sippel genau anköpfte.

Rostock igelte sich von Minute zu Minute mehr ein und von Minute zu Minute wurde es klarer, dass die benötigten zwei Tore heute nicht mehr fallen würden. Bitter auch der Blick auf die Anzeigetafel: Verfolger St. Pauli verschoss nach einer halben Stunde ebenfalls einen Elfmeter im zeitgleichen Spiel gegen Koblenz, nahm den Rostocker Konkurrenten im Abstiegskampf dann aber regelrecht auseinander und siegte letztendlich mit 6:1. Bei Schützenhilfe aus Hamburg wäre der vorzeitige Aufstieg für den FCK auch im Fall eines Punktverlustes möglich gewesen. Stattdessen plätscherte das Spiel auf dem Betzenberg dahin und am Ende stand die zweite Heimniederlage der Saison. Aufstieg verschoben. Einfach nur bitter!

Für einen Eklat sorgte nach dem Spiel die Polizei, die sich in voller Montur vor der Westkurve postierte. Teilweise mit hochgezogenem Schlagstock, teilweise mit eindeutigen Gesten nach dem Motto „Kommt doch her“ in Richtung der Fans, ohne jegliche Deeskalation. Die Folge waren heftige Pöbeleien aus der Westkurve, obwohl die Anhänger doch einfach nur ihre Spieler nach der bitteren Niederlage aufbauen wollten. Nach wenigen Minuten schickte der FCK-Vorstandsvorsitzende Stefan Kuntz als Hausherr die Polizisten zur Seite und erntete dafür den lautstarken Applaus der Fans. Auf Nachfrage wurde schnell klar, dass diese Aktion nicht im Sinne des FCK war, während ein Mitarbeiter des Ordnungsdienstes angab, dass verschiedene Fangruppen für den Fall einer Niederlage angeblich einen Platzsturm geplant hätten und deshalb die Polizei gerufen worden sei. Der Gästeblock hingegen wurde nicht abgeriegelt.

So stand am Ende des Tages für die meisten FCK-Fans ein Frustbier statt der erhofften Partynacht. Der Aufstieg lässt noch ein bisschen auf sich warten, ist aber trotz der Niederlage auch weiterhin höchstwahrscheinlich. Die erste Chance besteht beim Sonntagsspiel des FC Augsburg in Frankfurt, ansonsten kommt es am 33. Spieltag bei der TuS Koblenz zum nächsten Matchball für die Roten Teufel. Doch zuerst muss die unerwartete Niederlage gegen Rostock abgehakt werden, Mannschaft und Fans müssen sich gegenseitig wieder aufbauen und neue Kräfte tanken. Dann wird der lang ersehnte Aufstieg zweifelsohne gelingen... und ein unseliger Freitag in dieser ansonsten so glorreichen Saison einfach vergessen!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

Kommentare 159 Kommentare | Empfehlen Artikel weiter empfehlen | Drucken Artikel drucken