Spielbericht: Mainz 05 - 1. FC Kaiserslautern 3:3

Rechtzeitig das Herzblut wiedergefunden!

Rechtzeitig das Herzblut wiedergefunden!


Saisonauftakt für den 1. FC Kaiserslautern, und das gleich mit dem emotionalen Derby in Mainz. Wie wertvoll, wie richtungweisend wäre hier ein Sieg für die Roten Teufel. Erst recht nach dem peinlichen Pokalaus bei Drittligist Jena, das die nach dem sensationellen Klassenerhalt 2007/08 vorherrschende Euphorie doch stark schwächte. Zu einem Sieg reichte es zwar letztendlich nicht, dennoch hat dieses Derby, das in die Lautrer Geschichtsbücher eingehen wird, einen Teil der verlorenen Euphorie zurück gebracht. Und vor allem wurde das viel zitierte Herzblut wiedergefunden!

Rund 500 FCK-Fans fanden sich knapp zwei Stunden vor Spielbeginn am Mainzer Hauptbahnhof ein, um gemeinsam zum Stadion zu marschieren. Begleitet von einer Hundertschaft der Polizei, lautstarken Gesängen, ein paar Böllern, einer Rauchbombe und einigen Schwenkfahnen wurde schließlich das Ziel erreicht. Bei den wie immer überzogenen Eingangskontrollen zum wie immer überfüllten Gästeblock ging dann noch ein Zugangstor zu Bruch, was kurz für noch mehr Chaos als ohnehin schon sorgte. Die Polizei hatte die Lage zwar über den gesamten Derbytag betrachtet im Griff, fiel allerdings auch immer wieder durch Konzeptlosigkeit und unpassende Durchsagen auf. Zum Mainzer Stadion bleibt nur zu sagen, dass vielleicht endlich mal mehr Eingänge zum Gästeblock geschaffen werden sollten, um die Gemüter nicht schon vor dem Spiel weiter aufzuheizen.

Irgendwann waren dann aber doch alle Lautrer Schlachtenbummler im Stadion. Insgesamt dürften es knapp 2.500 gewesen sein, über 6.000 hatten Karten für das viel zu kleine Bruchwegstadion bestellt. Im Gästeblock waren leider nur einige rot-weiße Fähnchen zu sehen, andere ungefährliche Utensilien wie Doppelhalter, große Schwenkfahnen oder Spruchbänder waren verboten. Dies änderte jedoch nichts an der traditionell guten Stimmung der FCK-Fans bei diesem Spiel.

Die 05er auf der anderen Seite verzichteten diesmal auf eine Choreographie oder sonstige optische Aktionen. Zudem gestanden die Mainzer Ultras in ihrem Infoflyer ein, dass sie ihre Kurve nicht mehr erreichen und fortan nur noch ihr eigenes Ding machen werden. Dem Support tat diese Neustrukturierung weder gut noch schlecht, wie immer bei den Spielen gegen den FCK war es nur ein kleiner Haufen in der Mitte der Fankurve, in dem Bewegung zu sehen war.

Auch wenn - vielleicht aufgrund der langen Sommerpause - das totale Derbyfeeling irgendwie fehlte, für eine interessante Einleitung des Spiels war also trotzdem gesorgt. Und auch auf dem Rasen ging es insbesondere aus Lautrer Sicht gut los. Die neuformierte Mannschaft hatte Spiel und Gegner in der Anfangsphase gut im Griff und kam zu einigen Chancen, die jedoch zunächst nicht genutzt wurden. Besser machten es die Gastgeber in der 26. Minute, als Feulner per Kopf das 1:0 erzielen konnte. Doch was war vorher passiert? Moussa Ouattara ging an der Strafraumgrenze K.O., nachdem er einen Schuss mit dem Gesicht abwehrte. Sekundenlang hatten die Mainzer nun die Möglichkeit, den Ball ins Aus zu spielen um eine Behandlung des Lautrer Abwehrrecken zu ermöglichen - doch stattdessen flankte Karhan nach innen, wo Ouattara fehlte und Feulner so leichtes Spiel hatte. Die ehemaligen Fairplay-Meister aus Mainz hatten mal wieder zugeschlagen! Wenn man es aus vergangenen Derbys nicht schon gewohnt wäre, egal ob Spieler, Fans, Funktionäre oder 05-Sympathisanten unter den Schiedsrichtern...

Die Lautrer Abwehr geriet nach dem unverdienten Rückstand etwas ins Straucheln und fing sich noch vor der Halbzeitpause zwei weitere Gegentore ein. Insbesondere Innenverte Martin Amedick und Torhüter Tobias Sippel sahen hier schlecht aus, erneut Feulner (37.) und Bogavac (40.) sorgten für ein kleines Debakel nach 45 Minuten. Die Stimmung im Gästeblock war nun natürlich am Boden, Wut und Trauer waren die vorherrschenden Gefühle. Verdammt, es ist doch das Derby!

Doch was auch immer in der folgenden Viertelstunde in der Kabine passierte, das schon in Jena vermisste Lautrer Herzblut wurde wieder gefunden und es folgte großartiges! Zunächst kamen mit Erik Jendrisek und Marcel Ziemer zwei neue Stürmer ins Spiel, Trainer Milan Sasic hatte also noch nicht aufgegeben. Und eben jener Ziemer war es, der unmittelbar nach Wiederanpfiff an der Strafraumgrenze gefoult wurde und einen Elfmeter zugesprochen bekam. Strittig, ob das Foul bei hohem Tempo wirklich im Strafraum begangen wurde - aber vielleicht gibt es ja doch einmal so etwas wie „ausgleichende Gerechtigkeit“, nach der Unfairness der Mainzer vor dem 1:0! Neuzugang Laurentiu Reghecampf ließ sich die Chance jedenfalls nicht nehmen und verwandelte den Elfmeter sehenswert zum 1:3 (47.). Die Freude hierüber war zunächst noch verhalten, steigerte sich aber von Minute zu Minute. Denn der FCK bestimmte das Spiel nun komplett, die Mainzer Zuschauer und Fans wurden nervös, während der Gästeblock seine Roten Teufel nach vorne peitschte und jede gelungene Aktion lautstark bejubelte. Da war noch was drin!

20 Minuten vor Spielende war es dann soweit, nach einem Abwehrfehler nutzte der eingewechselte Jendrisek seine Chance und markierte das 2:3. Die FCK-Fans tobten nun, die Roten Teufel waren trotz Rückstand obenauf. Der Torjubel war noch nicht verklungen, da rollte schon der nächste Angriff auf das Tor von 05-Keeper Wache. Lauterns unermüdlicher Kapitän Axel Bellinghausen brachte eine schöne Flanke in den Strafraum, wo erneut Jendrisek zur Stelle war und den Ausgleich markierte (71.). 3:3 nach 0:3! Spieler und Betreuer freuten sich wie kleine Kinder, der Gästeblock explodierte förmlich: „Hier regiert der FCK!!!“

Obwohl noch knapp 20 Minuten zu spielen waren, schalteten die Roten Teufel nun einen Gang zurück und das Spiel wurde wieder offener. Es folgten noch einige gute Angriffe auf beiden Seiten, letztendlich blieb es aber beim Unentschieden, das moralisch nur einen Sieger hatte. Während die Mainzer Spieler nach dem Abpfiff zu Boden sanken, feierten die Lautrer das Remis wie einen Sieg. Die neue Mannschaft scheint doch zusammen zu passen: Martin Amedick war in der Schlussphase der Fels in der Brandung, Tobias Sippel wieder der gewohnt starke Rückhalt. Mit Anel Dzaka steht endlich wieder ein Mann mit Spielmacherpotential auf dem Platz und selbst der bei einigen schon abgeschriebene Erik Jendrisek verwertet plötzlich seine Chancen. Gemeinsam mit den Fans wurde der gelungene Saisonstart bejubelt, nachdem es in der Halbzeitpause noch nach einem Debakel und einer schlimmen Saison aussah. Wie viel sich innerhalb von 45 Minuten doch ändern kann. Das ist Fußball, das ist der FCK!

Auch wenn dieses Spiel in der Statistik nicht mehr wert ist als ein trostloses 0:0, so ist das Selbstvertrauen nun doch zurückgekehrt zu allen, die mit dem 1. FC Kaiserslautern fiebern und leiden. Der Start in die neue Saison der 2. Bundesliga ist gelungen und auch das Herzblut aus der Schlussphase der vergangenen Spielzeit ist noch vorhanden. Und mit diesem Lautrer Herzblut - wer wüsste das besser als die, die dabei gewesen sind - ist alles möglich!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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