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Gegner-Check Karlsruhe: Erst arbeiten, dann abheben

Gegner-Check Karlsruhe: Erst arbeiten, dann abheben


Nach drei Siegen in Folge ist der 1. FC Kaiserslautern nun in der Spur, in die der Karlsruher SC noch nicht so recht gefunden hat. Das könnte auch am Samstag so bleiben. Wenn es dem FCK gelingt, seine Gastgeber am Flanken zu hindern.

Anspruch und Wirklichkeit: Mit der Rückholaktion des langjährigen Gladbacher Klassestürmers Lars Stindl hat die KSC-Führung ihren Anhang im Sommer ordentlich elektrisiert. Sie selbst übt sich jedoch in Zurückhaltung, was kommende Ziele angeht. "Eine sorgenfreie Saison" wolle man spielen, hieß es Ende Juli im "Kicker"-Sonderheft, nicht mehr und nicht weniger. "Arbeiten, nicht abheben", sagt Routinier Jerome Gondorf. Zurückhaltung ist auch angezeigt, denn der Top-Verpflichtung stehen Abgänge gegenüber, die in der Vorsaison zentrale Positionen bekleideten. Die Leihgaben Stephan Ambrosius und Mikkel Kaufmann sind nach Hamburg und Kopenhagen zurückgekehrt, Kaufmann ist mittlerweile zu Union Berlin weitergezogen. Der seit Jahren etablierte Stammkeeper Marius Gersbeck wechselte für kleines Geld zu seinem Stammverein Hertha BSC zurück, für Mittelfeldtalent Tim Breithaupt flossen immerhin kolportierte 2,5 Millionen Euro Ablöse aus der Kasse des Erstligisten Augsburg. Groß reinvestiert wurde allerdings nicht. Die KSC-Bosse wollen künftig auf junge Spieler setzen, die ihren Marktwert erst im Wildpark steigern - von Ausnahmen abgesehen. Ob’s für Karlsruhe heuer eher nach oben oder eher nach unten geht, ist nach fünf Spieltagen noch nicht so ganz raus. Es gab zwei Siege gegen allerdings schlagbare Gegner aus Braunschweig und Osnabrück. Zur Heimpremiere gegen den Hamburger SV bewahrte ein Last-Minute-Treffer von Budu Zivzivadze die Badener vor einer Niederlage. Die setzte es dann, besonders schmerzhaft, im DFB-Pokal gegen Drittligist Saarbrücken (1:2), in der Liga bei Aufsteiger Wehen Wiesbaden (0:1) und zuletzt in Düsseldorf (1:3).

Die Neuen: Top-Transfer Stindl fällt nach einem Kahnbeinbruch fürs Erste aus, das schlägt just vor dem Derby gegen Lautern natürlich auch auf die Stimmung. Für Keeper Gersbeck holten die Karlsruher Patrick Drewes vom Absteiger SV Sandhausen. Im Vergleich zu Stindl kein sehr großer Name, faktisch aber seit Jahren einer der besten Torsteher des Unterhauses. In der "Kicker"-Sommer-Rangliste des Jahres 2022 tauchte er sogar mal als Klassenbester auf. Für Ambrosius verpflichteten die Karlsruher Robin Bormuth aus Paderborn. Vergangene Saison kickte der 27-Jährige bekanntlich in Kaiserslautern. Groß eingewöhnen musste er sich im Wildpark nicht, von 2020 bis 2022 stand er dort schon einmal unter Vertrag. Drewes, Bormuth und bis zu seiner Verletzung Stindl sind bislang auch die einzigen Neuen, die regelmäßig zum Einsatz kamen. Talent Igor Matanovic, aus Frankfurt geliehen, Innenverteidiger Marcel Beifus, von St. Pauli verpflichtet, Sechser Dzenis Burnic, ehemals Heidenheim, und der aus dem Nachwuchsstall des FC Bayern geleaste David Herold verrichteten bisher nur Teilzeitjobs.

Die Formation: Trainer Christian Eichner setzte in der Vorsaison verstärkt auf ein 4-4-2 mit Raute. Eine Grundordnung, die eher selten geworden ist in der Liga. Allerdings sind sowohl Eichner als auch sein Personal recht variabel im Denken und Handeln. Stindl, den viele als Zehner erwartet haben, war bislang eher als Stürmer unterwegs. Der begabte Paul Nebel, der für ein weiteres Jahr von Mainz 05 ausgeliehen wurde, und Marvin Wanitzek, der Topscorer der vergangenen Runde, stellen Spielertypen dar, die sowohl auf dem Flügel als auch im zentralen Mittelfeld auftauchen können, sodass phasenweise immer auch mal ein 4-2-3-1 oder ein 4-2-2-2 zu erkennen ist. Nur selten ändert Eichner etwas an der Viererkette vor Keeper Drewes: Sebastian Jung, Robin Bormuth, Marcel Franke und Philip Heise stehen für Erfahrung und solides Handwerk. Glänzend in Form präsentiert sich bislang Fabian Schleusener, ein schneller, aber auch physisch starker Stürmer, der bereits drei Treffer auf dem Konto hat. Im zentralen Mittelfeld ziehen meist die etablierten Jerome Gondorf und Leon Jensen die Fäden.

Zahlenspiele: Interessant - obwohl der KSC keinen klassischen offensiven Flügelstürmer aufbietet, schlägt er in dieser Liga die zweitmeisten Flanken aus dem Spiel heraus. 88 bislang - nur Fortuna Düsseldorf (90) ist besser. Der FCK als Zwölfter in diesem Ranking (47) kann da gerne noch zulegen, erst recht angesichts eines so dankbaren Abnehmers wie Ragnar Ache in der Mitte. Marvin Wanitzek ist mit 20 Hereingaben gemeinsam mit dem Düsseldorfer Nicolas Gavory bislang der fleißigste Flankengeber, doch auch Rechtsverteidiger Sebastian Jung (16) befindet sich in dieser Rangliste unter den Top Ten. Lauterns Bester, Tymo Puchacz, kommt mit zwölf Flanken erst auf Rang 11. Hellhörig machen sollte die Zweikampf-Statistik. In der Tabelle der gewonnenen Duelle steht der KSC bislang auf dem letzten Platz, der FCK auf Rang 7. Mit Marcel Franke haben die Badener den zweitpräzisesten Passspieler der Liga in ihren Reihen - 95,3 Prozent Quote. Nur der Sankt Paulianer Hauke Wahl (96,7 Prozent) ist besser (Quelle: bundesliga.de).

Fazit: Spannend wird vor allem sein, wer nun für den verletzten Stindl in die Startelf rückt. An Budu Zivzivadze hat Lautern unangenehme Erinnerungen, der war’s nämlich, der am 33. Spieltag der Vorsaison dem FCK nach 70 überzeugenden Minuten doch noch das 0:1 ins Netz murmelte und so die 0:2-Niederlage einleitete. Vielleicht gibt aber auch Talent Igor Matanovic sein Startelf-Debüt. Ansonsten sollte die oben angeführte Zweikampfstatistik aufgezeigt haben, wo es für die Männer in Rot langzugehen hat. Wenn der KSC nach dieser Partie immer noch Letzter in dieser Kategorie ist, dürfte auch das Endergebnis stimmen. Und so unsinnig es war, nach den beiden verlorenen Spielen zum Saisonauftakt bereits die Totenglocken zu läuten, so fatal wäre es jetzt, nach drei Siegen in Serie alles rosarot zu sehen. Die FCK-Abwehr steht noch keinesfalls stabil. Gerade angesichts des zu erwartenden Flankengewitters ist vor allem die Flügelverteidigung gefragt. Jean Zimmer und Timo Puchacz setzten jüngst zwar offensiv Akzente, offenbarten aber Defizite in der Abwehrarbeit. Die gilt es spätestens jetzt abzustellen. Am besten, die Schuster-Elf macht sich das Motto ihres Gastgebers Jerome Gondorf zu eigen und modifiziert dieses leicht: "Erst arbeiten, dann abheben." Kopfball-Spezialist Ache darf das gerne sogar wörtlich nehmen.

Quelle: Der Betze brennt

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- Samstag, 13:00 Uhr: Rote Teufel wollen Derby-Revanche (Der Betze brennt)

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