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Gegner-Check: Beim SVS sieht man nicht mehr Schwar(t)z

Gegner-Check: Beim SVS sieht man nicht mehr Schwar(t)z


So einen defensiv eingestellten 1. FC Kaiserslautern wie in Magdeburg wollen seine Fans nicht nochmal sehen. Gegen das Kellerkind SV Sandhausen soll es nach ihrem Wunsch nur eine Richtung geben: nach vorne - und die 40 Punkte-Marke knacken.

So lief's seit dem Hinspiel: Der SVS hatte gerade drei Niederlagen in Folge wegstecken müssen, als er am 7. Spieltag die Roten Teufel am Hardtwald begrüßte. Das anschließende 0:0 geriet laut Dirk Schuster zum einzigen "richtig langweiligen Auftritt" seiner Jungs während der gesamten Hinrunde. Auf die schon damals gestellte Frage, warum er in der chancenarmen Partie nicht auf mehr Offensive gesetzt habe, antwortete der FCK-Trainer interessantes: "Wenn der eine oder andere jetzt vielleicht sagt, wir hätten gewinnen können und hätten mehr nach vorne spielen müssen, dann muss ich entgegnen: Die Falle war ausgelegt. Mein Kollege hat gut gewechselt und uns einen Köder hingeschmissen, um vielleicht in einen Konter zu laufen. Den Gefallen haben wir ihnen aber nicht getan. (...) Man weiß erst, was ein Punkt wert ist, wenn man das Spiel verloren hat." Für Sandhausen lief es derweil auch nach der Nullnummer gegen den FCK nicht viel besser. Nur noch drei Siege - zwei davon auswärts - und vier Unentschieden. Aktuell Platz 17, nach Punkten und Tordifferenz gleich mit dem Tabellenletzten Regensburg, lediglich zwei mehr geschossene Treffer bescheren einen Rang davor. Nach dem 0:3 in Karlsruhe am 19. Februar wurde auch im beschaulichen Sandhausen mal "branchenüblich" reagiert: Alois Schwartz, der lange Zeit zu dem Klub zu passen schien wie Gesäß auf Gefäß, beendete seine zweite Amtszeit in der Kurpfalz. Diesmal hatte sie nur 15 Monate gedauert, beim ersten Mal war er drei Jahre geblieben. Für ihn kam mit Tomas Oral ein "Mann mit Erfahrung", wie er in solchen Situationen oft und gerne gefordert wird. Seine Bilanz bisher: Eine knappe 0:1-Niederlage gegen den 1. FC Nürnberg und ein 1:1 zuhause gegen Holstein Kiel, bei dem der eingewechselte Franck Evina den Ausgleich erst spät in der Nachspielzeit erzielte.

Das hat sich geändert: Zu behaupten, dass mit diesem späten Treffer nun die in dem 15.000-Seelen-Ort herbeigesehnte "Wende zum Besseren" eingeleitet ist, wär natürlich dreist. Immerhin: Evina sorgte für den ersten Punktgewinn und den ersten erfolgreichen Torabschluss nach fünf Niederlagen ohne eigenen Treffer. An der Spielanlage des SVS hat sich augenscheinlich nicht viel geändert. Wie Schwartz bevorzugt auch Oral ein 4-2-3-1-System, wobei er den einstigen Lautrer Jugendspieler Alexander Esswein in den ersten beiden Partien als Zehner aufbot. Das freilich hatte zuletzt auch Schwartz schon getan, nachdem er den gelernten Flügelstürmer in der Hinrunde ein paar Mal als Mittelstürmer aufgeboten hatte. Allenthalben gelobt wird die kämpferische Einstellung, die der SVS zuletzt an den Tag legte, sie habe sich unter Oral wieder verbessert. Was, mit Verlaub, in dieser angespannten Situation eigentlich aber eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Was indes auffiel: Zu seinem Debüt präsentierte Oral eine gegenüber der Vorwoche auf sechs Positionen veränderte Startelf.

Gewinner und Verlierer: Von den fünf Verpflichtungen, die Sandhausen in der Winterpause getätigt hatte, um dem drohenden Abstieg zu trotzen, stand gegen Nürnberg keiner von Beginn an auf dem Platz, auch nicht anschließend gegen Kiel. Marcel Ritzmaier und Marcel Mehlem, Leihgaben aus Augsburg und Paderborn, durften erst später ran, ebenso der von Hannover verpflichtete Evina und der aus Griechenland zurückgeholte Ex-Stuttgarter Hamadi Al Ghaddioui. Kerim Calhanoglu, aus Schalke geliehen, hat der neue Trainer noch gar nicht berücksichtigt. Dafür ließ er Josef Ganda auflaufen, der zuvor unter Schwartz lediglich drei Kurzeinsätze verzeichnet hatte. Und er holte Mittelstürmer Matej Pulkrab wieder aus der Versenkung. Schwartz hatte den ehemaligen tschechischen U21-Nationalspieler schon seit Oktober nicht mehr von Beginn an gebracht, 2023 noch gar nicht eingesetzt. Zudem kehrte Immanuel Höhn in die Innenverteidigung zurück, ihn hatte zuvor ein Bänderriss außer Gefecht gesetzt. Dass der Bundesliga-erfahrene Dennis Diekmeier, der das beschauliche Sandhausen zu seinem Altersruhesitz erkoren hat, und mit Christian Kinsombi der beste Scorer (sechs Treffer, vier Vorlagen) wieder in die Startelf zurückkehrten, überrascht dagegen weniger. Dass auch Janik Bachmann fehlte, hingegen schon. Der Mittelfeldspieler, der in seinen anderthalb Jahren beim FCK eher mittelmäßig performte, war unter Schwartz zur unverzichtbaren Größe im Spiel des SVS mutiert. Bei "Transfermarkt.de" wird sein Fehlen mittlerweile mit einer Prellung erklärt, seine Rückkehr sei noch ungewiss. Insgesamt aber zeigt sich hier wieder eimal: Nach Trainerwechseln wird oft die Kaderhierarchie umgekrempelt. Und so mancher, der eben noch Hoffnungs- oder Leistungsträger war, muss sich nun hinten anstellen. Und wenn der Trainer ständig wechselt, dauern solche Verwirbelungen ewig an ... Davon kann man doch gerade in der Pfalz ein Liedchen singen.

Zahlen, Daten, Fakten: Im Hinspiel liefen die Spieler von Sandhausen insgesamt 101,8 Kilometer in 90 Minuten, die Roten Teufel 102,7 Kilometer. Das waren selbst für die Verhältnisse dieser beiden Teams erbärmliche Werte. Denn im Laufdistanz-Ranking rangieren beide auch sonst im hinteren Tabellendrittel. Ebenso, was "intensive Läufe" und Sprints angeht. Ungefähr gleichauf liegen sie auch in Sachen Passqualität - der FCK steht bei 76,1 Prozent im Schnitt, der SVS bei 75,3 Prozent, was im Wettbewerbsvergleich ebenfalls nicht berauschend ist. Dass die beiden auch in punkto Ballbesitzwerte Tabellen-Schlusslichter sind, müssen wir fast schon nicht mehr erwähnen - all das kann auch offiziell nachgelesen werden bei "Bundesliga.de". Da stellt sich die Frage: Wieso eigentlich hat Lautern 18 Punkte mehr auf dem Konto? Die Antwort: Es kommt nunmal darauf an, wie viel man aus wenig Ballbesitz macht. Die Sandhäuser haben in 23 Saisonspielen erst 86 Torchancen herausgespielt, sind damit das einzige Team mit einem nur zweistelligen Wert in dieser Disziplin. Die Verwertungsquote liegt bei 27,9 Prozent, das ist jetzt nicht soo schlecht, aber der FCK kommt auf 31,6 Prozent - und hat 117 Torchancen generiert (Quelle: "Kicker.de"). Die Qualität der Toraktionen bewirkt ein übriges. Mit einem expected-Goals-Wert von 35,28 stehen die Roten Teufel über zehn Prozentpunkte besser da als die Kurpfälzer. Bei den erwarteten Gegentoren, den "xGoals against", die Betze-Buben verzeichnen da einen Wert 30,45, beträgt die Differenz acht Prozentpunkte.

Fazit: Im Grunde spricht nichts für Sandhausen. Und nach der perversen Logik, mit der Fußball manchmal betrachtet werden muss, bedeutet dies: Im Grunde spricht genau das für Sandhausen. Diese angeblich "leichten" Spiele gestalten sich oft genug als die schwersten. Doch blicken wir der Partie positiv entgegen. Dirk Schuster muss sein Team diesmal nicht in ein taktisches Korsett zwängen, mit dem der Anhang fremdelt, wenn's schief geht, und es anschließend zum Teil mit dem Hadern gleich wieder schamlos übertreibt, so wie nach der 0:2-Niederlage in Magdeburg geschehen. Forsches Pressing, zwei offensive Flügelspieler, die von zwei Außenverteidigern abgesichert werden - alles andere wäre gegen einen Gegner, der sein Heil in der Defensive suchen wird, eine Überraschung. Und es wird Personal gefragt sein, dass sich mit dem Ball auch in engen Räumen durchsetzen kann. Da könnte man glatt auf die Idee kommen: Wie wär's, Nicolas de Préville mal von Beginn an zu bringen? Auf der Zehn, in einem 4-2-3-1? Und Philipp Klement ein wenig zurückzuziehen? Was wiederum bedeuten würde, dass es neben ihm einen eher robusten defensiven Mittelfeldspieler bräuchte, also Nicolai Rapp oder Boris Tomiak. Und Marlon Ritter auf die Bank müsste. Was er selbst vermutlich weniger gut fände. Mal sehen, was Dirk Schuster einfällt.

Quelle: Der Betze brennt

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- Freitag, 18:30 Uhr: Gelingt der vierte Heimsieg in Serie? (Der Betze brennt)

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