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Gegner-Check FCH: Gebeutelt, aber noch nicht geschlagen

Gegner-Check FCH: Gebeutelt, aber noch nicht geschlagen

Foto: Imago Images

Nach dem 0:3 gegen Regensburg ist beim 1. FC Kaiserslautern Wiedergutmachung angesagt. Eigentlich kann dazu kein Gegner besser geeignet sein als der aktuell arg gebeutelte FC Hansa Rostock. Doch die Wahrheit liegt nunmal auf dem Platz.

Die Zurückgekehrten: Nach der deutschen Wiedervereinigung lange Jahre Weggefährte des FCK in der Bundesliga, verabschiedete sich Hansa Rostock bereits 2008, also noch vier Jahre vor dem Fritz-Walter-Klub, langfristig aus der Beletage. Wie die Pfälzer stürzten auch die Norddeutschen bis in Liga drei hinunter, mussten es dort aber insgesamt zehn Jahre aushalten - eine erste Rückkehr ins Unterhaus in der Saison 2011/12 währte nur ein Jahr. Nach dem erneuten Wiederaufstieg 2021/22 schlossen die Hanseaten auf Platz 13 ab, diesen Rang halten sie auch im Moment. Die Chancen der Kogge, sich auch bis Rundenschluss über Wasser zu halten, werden allgemein als gut eingeschätzt. Abgänge wie Hanno Behrens oder Bentley Baxter Bahn haben natürlich Gewicht, insgesamt aber gestaltete sich der Aderlass im Sommer überschaubar. Mit Dennis Dressel von 1860 München schnappten sich die Hanseaten ablösefrei ein noch entwicklungsfähiges Mittelfeldtalent, Offensivkraft Kai Pröger, aus Paderborn geholt, hat sich bereits als bester Scorer profiliert: vier Treffer, drei Assists. Mit Rick van Drongelenvon den "Eisernen" aus Berlin, Anderson Lucoqui aus Mainz und Dong-gyeong Lee von Schalke füllten sie ihren dünnen Kader kurz vor Transferschluss nochmal auf. Taktisch hat sich Hansa nach einer Serie von drei Niederlagen nochmal neu geordnet, beginnt jetzt in der Regel mit Vierer- statt mit Dreierkette. Die Bilanz seither ist ausgeglichen: Ein Sieg, eine Niederlage, zwei Remis.

Der stille Star: Erfolgstrainer, die keiner kennt - das wär doch mal eine schöne Idee für eine Zeitungsserie. Eine Folge müsste dann Jens Härtel gewidmet werden. Seine Geschichte beginnt wie eine Legende: 2012 schlägt er als Coach des Regionallisten Berliner AK im DFB-Pokal den Bundesligisten Hoffenheim mit 4:0. Dieses Spiel sieht der ehemalige TSG-Trainer Ralf Rangnick, damals Sportdirektor in Leipzig. Er erkennt, dass da offenbar ein Trainer am Werk ist, der was auf dem Kasten hat, und holt Härtel zum Nachwuchs des Brausevereins. Von dort zieht Härtel nach einem Jahr zum 1. FC Magdeburg weiter. Mit dem Regionallisten steigt er zunächst in die Dritte, drei Jahre später in die Zweite Liga auf - und wird nach Anlaufschwierigkeiten im Aufstiegsjahr im November 2018 entlassen. Im Januar 2019 heuert er in Rostock an, im Sommer 2021 ist der nächste Aufstieg geschafft. Eine beeindruckende Vita, die aber auch zeigt: Erfolge einer Trainerarbeit stellen sich selten sofort ein, sondern erst nach einer gewissen Entwicklungszeit.

Die Unauffälligen: In den diversen Rankings der Daten-Analysten von "Wyscout" ist über den FC Hansa nicht viel zu entdecken, was bei einem Tabellen-13. nicht überraschen muss. Außer vielleicht: Nur drei Mannschaften der Liga - Darmstadt, Paderborn und Regensburg - schlagen mehr lange Bälle als die Besatzung der Kogge. Und unmittelbar hinter ihr steht der FCK in diesem Ranking. Da wird das Leder am Freitag wohl viel hin- und herfliegen. Bislang nur zwölf Treffer sind freilich auch für bescheidene Ansprüche zu wenig - kein Team hat seltener getroffen. Dass die Hanseaten mehr Torchancen erarbeiten, als sie verwerten, lässt sich auch nicht sagen: Der xGoals-Wert liegt bei 12,69. Bei den erwarteten Gegentoren - 21,42 xGoals against - könnten es sogar noch zwei bis drei mehr sein, als es die 19 tatsächlichen aussagen. Da sollten die Roten Teufel unbedingt versuchen, die Werte aneinander anzugleichen.

Die Gebeutelten: Vergangenen Freitag, beim 2:2 in Fürth, erwischte es die Rostocker extrem böse. Sturmtank John Verhoek wurde mit Gelb-Rot vom Platz geschickt, Svante Ingelsson, Ryan Malone und Lukas Fröde sahen die fünfte Gelbe Karte. Somit fallen alle vier gegen den FCK aus. Anderson Lucoqui, Nico Neidhart und Damian Roßbach mussten noch vor dem Halbzeitpfiff verletzt raus, Lucoqui erlitt sogar eine Gehirnerschütterung. Ob die beiden anderen bis zum Anpfiff wieder fit werden, ist fraglich. Die Startelf für Freitag zu formieren, wird für Jens Härtel also zum Puzzlespiel. Nach Verhoeks Ausfall dürfte er seine Sturm-Hoffnungen auf Lukas Hinterseer setzen, ein 1,92 Meter-Sturmtank, den Rostock im Sommer für 200.000 Euro aus Hannover holte. Beim VfL Bochum war Hinterseer vor Jahren mal ein veritabler Torjäger, an der Ostsee aber hat er bislang noch nicht viel gerissen.

Fazit: Bei allem Respekt vor der Hexenkessel-Atmosphäre des Ostseestadions: In der gegenwärtigen Situation kann der FCK eigentlich auf keinen geeigneteren Gegner treffen, um nach dem Blackout gegen Regensburg für schnelle Wiedergutmachung zu sorgen. So sieht's zumindest auf dem Papier aus, angesichts der vielen Ausfälle, auf die der Gastgeber so kurzfristig reagieren muss. Langjährige Fußballbeobachter wissen aber: Gerade solche Spiele laufen dann doch nicht wie erwartet. Der Auftritt der Rostocker in Fürth wurde vielerorts als "hässlich" bezeichnet. Das sollte die Schuster-Jungen warnen, auch wenn sie ihrerseits nicht gerade als Schönspieler bekannt sind. Es wird zur Sache gehen. Da sind Typen gefragt, die dagegenhalten. Jean Zimmer und Hikmet Ciftci, die zuletzt nicht mehr in der Startelf standen, könnten so welche sein.

Quelle: Der Betze brennt

Weitere Links zum Thema:

- Freitag, 18:30 Uhr: Mutig und konzentriert zur Kogge (Der Betze brennt)

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