Interview mit Aufsichtsratskandidat Rainer Keßler

"Rückmeldungen weiterer Investoren geben Hoffnung"

"Rückmeldungen weiterer Investoren geben Hoffnung"

Foto: MS-Sportfoto

Rainer Keßler ist seit dem 01. Dezember 2019 Aufsichtsrats­vorsitzender des 1. FC Kaiserslautern. Bei Der Betze brennt erklärt der 59-Jährige, was in dieser Zeit geschafft wurde, was schiefgelaufen ist und warum man ihn wiederwählen sollte.

Der Betze brennt: Rainer Keßler, die Roten Teufel stecken weiter in der sportlichen Krise - was ist in den vergangenen 14 Monaten schiefgelaufen beim 1. FC Kaiserslautern?

Rainer Keßler (59): Die existentiell bedrohliche sportliche Situation ist für uns alle eine enorme Hypothek, da auch eine wirtschaftliche Konsolidierung untrennbar ist vom sportlichen Erfolg. Nach meiner Einschätzung sind es mehrere Faktoren, die für die aktuelle Lage verantwortlich sind. Rückblickend ist es natürlich deutlich leichter, eine Entscheidung als Fehler zu entlarven. Im Wesentlichen war es in der Vergangenheit nicht gelungen, eine eingeschworene Mannschaft mit Leitwölfen zu formen - es fehlte offensichtlich an der Struktur und der Hierarchie im Mannschaftsgefüge. Die große Fluktuation zu Beginn jeder Saison ist sicherlich nachteilig, es ist nicht gelungen, Leistungsträger längerfristig an den Verein zu binden. Natürlich waren die "insolvenzbedingten Abgänge" von Christian Kühlwetter und Florian Pick nicht kurzfristig zu kompensieren. Erfolg zeichnet sich in der Regel durch Kontinuität aus. Mannschaften brauchen eine klare Spielphilosophie, für die der Verein steht. Die vielen Trainerwechsel in unseren letzten Jahren und die damit verbundene jeweilige Neuausrichtung sind kein Erfolgsrezept - das belegt der ständige Abwärtstrend.

Ich bin von der Qualität eines Großteils unserer Spieler jedoch überzeugt - daraus ein Team zu formen, braucht Zeit. Zeit, die wir jedoch nicht haben. Wir müssen unserer Mannschaft und dem Trainerteam nun den Rücken stärken - nur dann haben wir eine Chance auf ein positives Ende.

Zusätzlich haben wir uns Ende Dezember darauf verständigt, den sportlichen Bereich um einen neuen Verantwortungsträger zu verstärken. Wir sind der Überzeugung, dass wir mit Thomas Hengen als neuem Geschäftsführer Sport die Weichen für eine kurz- und mittelfristig angelegte, qualitative Neuausrichtung gestellt haben. Der FCK muss seine DNA - Leidenschaft, Einsatz und Mut - die er mit seiner Geschichte dokumentiert hat, wieder regelmäßig auf den Platz bringen. Und dieser rote Faden muss konsequent von den Jugendmannschaften bis zum Profiteam umgesetzt werden. Ich wiederhole mich hier gerne an dieser Stelle: Wo FCK drauf steht, muss auch FCK drin sein.

Der Betze brennt: Sie sitzen seit dem 01. Dezember 2019 im Aufsichtsrat des FCK e.V. und auch im Beirat der FCK-Kapitalgesellschaft. In dieser Zeit ist viel passiert, und trotz der angesprochenen Tabellensituation auch keineswegs nur negatives. Welche positiven Fortschritte konnten Sie in Ihrer bisherigen Amtszeit in Bewegung setzen?

Keßler: Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung der FCK GmbH & Co KGaA wurde in unserem Kerngeschäft Profifußball ein elementarer Grundstein zur wirtschaftlichen Konsolidierung des FCK gelegt.

Uns allen ist die im Sommer getroffene Entscheidung nicht leicht gefallen - aber sie war alternativlos, da absehbar nicht mehr sichergestellt war, dass fällige Verbindlichkeiten termingerecht und vollständig erfüllt werden können. Wenn von einem erfolgreichen Abschluss eines Insolvenzverfahrens gesprochen werden kann, dann bezieht sich diese Feststellung primär auf den Sachverhalt, dass die Gläubiger einem Insolvenzplan zugestimmt haben und es mit dem Einstieg der Investoren gelungen ist, die vielzitierte positive Fortführungsprognose zu dokumentieren. Wir sind natürlich erleichtert, dass das Verfahren in einer relativ kurzen Zeit beendet werden konnte und die Geschäftsführung wieder über Handlungsspielräume verfügt. An dieser Stelle nochmals unser ausdrücklicher Dank an alle, die zum Gelingen beigetragen haben. Nicht zu vergessen ist allerdings die Tatsache, dass viele Gläubiger und natürlich auch viele Fans des FCK im Insolvenzverfahren ihr Geld verloren haben.

Fakt ist: Die Kapitalgesellschaft wurde von Verbindlichkeiten in einer Größenordnung von zirka 24 Millionen Euro befreit und durch den Einstieg der Investoren mit einem Zeichnungsanteil in Höhe von 33 Prozent kann das lange ersehnte Eigenkapital in Höhe von 11 Millionen Euro generiert werden.

Mit der Entschuldung der FCK GmbH & Co KGaA ist eine signifikante Wertsteigerung des einzig nennenswerten Assets des FCK e.V., nämlich der 2.500.000 Stammaktien an der Tochtergesellschaft, verbunden. Zwar ist eine direkte Veräußerung von Aktien durch den Verein aufgrund der Beachtung des Umwandlungssteuergesetz erst im Jahr 2025 steuerneutral realisierbar - jedoch bietet die Werthaltigkeit der Aktien verschiedene Finanzierungsoptionen des Vereins.

"Wir dürfen keinesfalls den Kontakt zu unseren Fans verlieren"

Der Betze brennt: Nun treten Sie zur Wiederwahl an, bei der es um eine Amtszeit von knapp drei weiteren Jahren geht. Was sind die größten Baustellen in diesem Zeitraum und was hat in ihrer "To-do-Liste" die höchste Priorität? Wie lautet Ihr persönlicher Drei-Jahres-Plan für den FCK?

Keßler: Nun, primär steht und fällt alles mit dem sportlichen Erfolg - letztendlich ist die wirtschaftliche Konsolidierung und Entwicklung des FCK abhängig von den sportlichen Ergebnissen. Mitglieder, Fans, Sponsoren und Investoren wurden seit Jahren durch die Spirale des sportlichen Abwärtstrends enttäuscht und haben eine Distanz zum FCK aufgebaut. Wir dürfen auf keinen Fall den Kontakt zu unseren Fans verlieren - gerade der FCK lebt von dem Schulterschluss zwischen Mannschaft und Fans. Ich habe die Überzeugung, dass durch die sportliche Neuausrichtung eine wichtige Basis gelegt wurde, um die Tugenden des FCK von den Jugendmannschaften bis zum Profiteam neu zu beleben. Der FCK muss seine DNA wieder regelmäßig auf den Platz bringen. Kurzfristiges Ziel ist aber natürlich, so schnell wie möglich den Tabellenkeller zu verlassen und die Klasse zu sichern.

Im Hinblick auf die existentiellen Verbindlichkeiten des FCK e.V. und dem Kapitalbedarf des Profiteams der Tochtergesellschaft ist es wichtig, die aktuellen Gespräche und Konzepte mit unseren Partnern für eine tragfähige Finanzierung fortzuführen. Wir sind hier auf einem guten Weg, da es gelungen ist, zu den Partnern am Kapitalmarkt verlorengegangenes Vertrauen wieder aufzubauen. Aber wir bewegen uns auf ganz dünnem Eis - der FCK muss wieder mit verlässlichen Gesprächspartnern registriert und akzeptiert werden. Eine Bereitschaft, sich dabei flexibel an sich ändernde Rahmenbedingungen anzupassen, ist unerlässlich.

Wir haben bereits im März 2020 eine Vereinbarung mit einem in der Branche spezialisierten Finanz-Consultant zur Generierung potentieller Investoren getroffen. Von dieser Seite wurde auch eine Unternehmensbewertung initiiert, die bereits beim Einstieg der regionalen Investoren berücksichtigt wurde. Im Zusammenhang mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens der KGaA wurden diese Aktivitäten intensiviert, indem auch von uns gewonnene Potentiale weiter gemeinsam einer professionellen Ansprache zugeführt werden. Die ersten Rückmeldungen geben eine begründete Hoffnung, weitere Investoren gewinnen zu können.

Der Betze brennt: Sie hatten seinerzeit das fünfköpfige "Team Keßler/Merk" zusammengestellt und galten als dessen strategischer Kopf. Bis zur Wiederwahl hat das komplette Team leider nicht durchgehalten, wobei vielen Mitgliedern vor allem die Querelen um Jörg Wilhelm letzten Sommer in Erinnerung geblieben sind, an deren Ende letzten Sommer Wilhelms Rücktritt stand. Wie blicken Sie auf diese schwierige Zeit zurück - und welche Lehren haben Sie für die kommende Amtsperiode daraus gezogen?

Keßler: Im Vorfeld unserer Kandidatur 2019 hatte ich bereits darauf hingewiesen, dass sich das Team primär mit dem Ziel einer Zusammenführung verschiedener Kompetenzen gefunden hat. Ich hatte dabei auch deutlich gemacht, dass sich die Teammitglieder nicht bereits seit Jahren kennen. Es ist sicherlich bedauerlich, dass es nicht gelungen ist, als geschlossenes Team die Herausforderungen anzunehmen und die Zusammenarbeit im Sinne des FCK gemeinsam fortzusetzen. Ich bin allerdings erleichtert, dass wir in unserem Kernteam Markus Merk, Martin Weimer und meiner Person eine vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit praktizieren, die es uns ermöglicht, Zerreißproben zu meistern. Gerade aus dieser Erfahrung und den weiteren existentiellen Fragestellungen und der damit verbunden Verantwortung ist auch die zukünftige Zusammenarbeit in einem verlässlichen Team unabdingbar.

"Konzepte zur Beteiligung von Mitgliedern und Fans sind vorbereitet"

Der Betze brennt: Auch wenn diese Frage nun schon oft beantwortet wurde, kommt sie doch immer wieder neu auf, erst recht in der sportlichen Krisensituation: Können Sie uns nochmal skizzieren, warum letzten Sommer keine Zusammenarbeit mit dem potentiellen Investor aus Dubai zustande gekommen ist?

Keßler: In der Tat haben wir dieses Thema ja bereits ausführlich in unserem Mitgliederforum am 15. August 2020 aufgearbeitet und alle diesbezüglichen Fragen beantwortet. Trotz der "Corona-Krise" und der Situation des FCK war es uns gelungen, zwei Investorenkonzepte zu erhalten, die uns ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung ermöglichten. Letztendlich wurden die Angebote im Insolvenzverfahren durch den Generalbevollmächtigten, den Sachwalter sowie auch den Gläubigerausschuss auf ihre inhaltliche Belastbarkeit geprüft. Im Ergebnis erhielt das Konzept einer Gruppe regionaler Investoren den Zuschlag des Gläubigerausschusses und die Zustimmung der Gremien des FCK.

Der Betze brennt: Aus dieser Entscheidung folgte der erste größere Investoren-Einstieg beim FCK, in dessen Rahmen die besagte Unternehmergruppe aus Kaiserslautern und Homburg zusammen 33 Prozent der FCK-Anteile kaufte. Wie läuft die Zusammenarbeit mit den regionalen Investoren der "Saar-Pfalz-Invest GmbH" und wie sehen hier Ihre Zukunftsplanungen hinsichtlich des Lautrer Vier-Säulen-Modells aus?

Keßler: Wir haben bereits mehrfach betont, dass ohne den Einstieg der regionalen Investoren eine positive Fortführungsprognose unseres Profifußballs nicht darstellbar gewesen wäre. Insofern sind wir dankbar, dass nun gemeinsam mit unseren Partnern auf diesem Fundament die weitere Zukunft planen und gestalten können. Es liegt in unserem eigenen Interesse, dabei ein gegenseitiges Verständnis und Vertrauen aufzubauen. Investoren als Partner zu begreifen und zu akzeptieren ist dabei der Schlüssel für eine positive Zusammenarbeit. Neben dem Kapital kann der FCK sicherlich auch von der unternehmerischen Expertise profitieren.

Im Hinblick auf die Beteiligung von Mitgliedern und Fans an der KGaA haben wir bereits mehrfach unsere Philosophie deutlich gemacht, diese nicht erneut zur Schließung finanzieller Engpässe heranzuziehen. Wir möchten den Zugang auf Basis einer gesicherten Finanzierung des FCK ermöglichen. Entsprechende Konzepte zur Beteiligung von Mitgliedern und Fans sind vorbereitet - die Gedanken hierzu werden wir unseren Mitgliedern vorstellen.

"Den Finanzstand des FCK e.V. werden wir den Mitgliedern aufzeigen"

Der Betze brennt: Eine größere Baustelle ist, wie schon kurz angesprochen, auch noch die Finanzierung des FCK e.V.: Die Kapitalgesellschaft konnte durch die Insolvenz zwar entschuldet werden, aber der Verein gehört wie tausende Fans zu denen, die dabei Geld verloren haben. Wie hoch ist der aktuelle Schuldenstand und wie kann dieser mittelfristig abgebaut werden?

Keßler: Das ist korrekt. Auch diesen Sachverhalt haben wir unseren Mitgliedern ausführlich und im Detail in einem weiteren Mitgliederforum am 12. Dezember 2020 geschildert. Der aktuelle Stand der Verbindlichkeiten des e.V. und unsere Strategie/Konzeption zur Finanzierung und Stabilisierung werden wir natürlich in der anstehenden Mitgliederversammlung aufzeigen. Sicherlich haben Sie Verständnis, dass die Mitglieder ein Recht auf die Erstinformation besitzen.

Der Betze brennt: Abschließend möchten wir Sie gerne um ein Plädoyer in eigener Sache bitten: Wie würden Sie Ihre Kandidatur zusammenfassen und weshalb sollten die FCK-Mitglieder Ihnen am 26. Februar ihre Stimme geben?

Keßler: Ich bin der Überzeugung, dass wir mit der Entschuldung unserer Tochtergesellschaft und dem Einstieg der Investoren im ersten Schritt ein Fundament gelegt haben, welches uns das Überleben gesichert hat und auf dessen Basis wir den Verein weiterentwickeln können. Wie bereits mehrfach erwähnt, sind weitere Schritte hierfür erforderlich, um eine nachhaltige Stabilisierung zu erreichen. Und für diesen erforderlichen nächsten Schritt bleibt keine Zeit!

Trotz des extrem hohen finanziellen, zeitlichen und kräftezehrenden Aufwands haben wir uns mit unserem Kern-Team entschlossen, auch weiterhin in dieser nach wie vor existenzgefährdenden Phase Verantwortung zu übernehmen. Die letzten drei Jahre habe ich zeitweise als Mitglied im Ehrenrat, als Vorstandsvorsitzender des e.V. sowie als Aufsichtsratsvorsitzender und stellvertretender Beiratsvorsitzender erlebt. Das erlaubt mir einen ganzheitlichen Blick auf unseren FCK, auf seine unterschiedlichen Aufgaben und Bedürfnisse in den Gremien. Letztendlich ist es mir dabei aus meiner Sicht in den letzten Jahren gelungen, Persönlichkeiten mit den jeweils erforderlichen Qualifikationen und einer Identifikation für den FCK sowohl für den Aufsichtsrat, den Vorstand als auch für die anstehende Neuwahl der Rechnungsprüfer in dieser schwierigen Phase für unseren Verein zu gewinnen.

Mit der Wahl des Aufsichtsrats entscheiden die Mitglieder am 26. Februar 2021, ob erneut durch personelle Veränderungen ein Kurswechsel vollzogen wird oder ob dieser Verein die Chance erhält mit Verlässlichkeit, Ruhe und Kontinuität den eingeschlagenen Weg fortzusetzen.

Der Betze brennt: Besten Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei den Wahlen!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas Hilmes, Gerrit Schnabel

Weitere Links zum Thema:

- Komplette Interviewserie: Die Kandidaten zur Aufsichtsratswahl am 26. Februar 2021

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