Interview des Monats: FCK-Aufsichtsratsvorsitzender Michael Littig, Teil 2/2

"Ich will hier noch mal guten Erstligafußball sehen"

"Ich will hier noch mal guten Erstligafußball sehen"


Im zweiten Teil des großen DBB-Interviews spricht der Aufsichtsratsvorsitzende Michael Littig über die schwierige Suche nach einem Großinvestor, die neue Betze-Anleihe sowie seine sportliche Zielsetzung mit dem 1. FC Kaiserslautern.

Der Betze brennt: Michael Littig, ganz konkret gefragt: Wie steht es bei der Suche nach dem sogenannten Ankerinvestor, also einem Großinvestor mit 10, 20, 30 Millionen Euro für den FCK? Ist kurz- oder mittelfristig jemand in Sicht?

Michael Littig (54): Die Variante, dass einer auf einmal 30 Millionen auf den Tisch legt, würde ich gar nicht undifferenziert für gut heißen. Natürlich würde ich das Geld nehmen und ein partnerschaftliches Modell mit dem Investor gestalten wollen - keine Frage. Aber bei der Gestaltung geht es auch darum, einen gesunden Prozess aufzusetzen. Es könnte sogar auch kontraproduktiv sein. Beispiel: In dem Moment, wo auch andere Leute helfen wollen, aber merken, es ist ja eh einer da, der alles bezahlt, lösen sich auf einmal alle in Luft auf. Besser ist, wenn die positive Betroffenheit und das Fundament bei 50.000 Zuschauern, zahlreichen regionalen Sponsoren und Partnern und der Region insgesamt liegt.
Ich habe das beim Basketball selbst schon erlebt (Littig war früher Geschäftsführer der FCK-Basketballer, die fast in die Bundesliga aufgestiegen wären; Anm. d. Red.). Wenn im März oder April noch Geld für die Lizenz fehlte, wusste jeder, es gibt drei Investoren, die am Ende sowieso bezahlen. Die Spannung geht damit bei anderen Partnern verloren. Für das Geld muss ein echter Bedarf da sein. Keine Organisation darf mit Geld erstickt werden. Es muss alles in einem gesunden Gleichgewicht gehalten werden. Seriös müssen wir aktuell noch über einen Rahmen im einstelligen Millionenbereich reden, um in der kommenden Runde gut handlungsfähig zu sein.

Der Betze brennt: Man würde auch zweistellige Millionensummen aber wohl kaum ablehnen. Das Interesse des Russen Michail Ponomarew ist erloschen, aber mit dem Luxemburger Flavio Becca wird bekanntermaßen noch verhandelt. Über welchen Rahmen der Unterstützung reden wir dabei?

Littig: Natürlich würden wir das Geld nicht ablehnen. Ich wäre jetzt auch froh, wir hätten die Probleme nicht und ich könnte wieder ruhiger schlafen. Flavio Becca hat sicher viel Potenzial. Was er aber letztendlich tun wird, ist das Ergebnis eines noch langen Prozesses, der Bewertungen, Strategien und Verhandlungen mit einschließt. Das ist alles sehr komplex. Jeder Interessent lotet natürlich seine Verhandlungsposition aus. Und spätestens bei 100.000 Euro hört die Spaßgrenze für jeden auf, das kann keine Liebhaberei mehr sein. Man ist oft auch anderen Rechenschaft schuldig. Da ist alles absolut professionalisiert.

"Kreditgeber haben Druckmittel - deswegen wollen wir Eigenkapital"

Der Betze brennt: Sie fordern ein größeres Mitspracherecht für Investoren, Offenheit und Transparenz. Was aber sichert dem Verein zu, dass sich der Investor nicht vermehrt in sportliche oder personelle Entscheidungen einmischt, eventuell sogar Druck ausübt? Negativbeispiele wie beim Hamburger SV oder bei 1860 München sind jedem bekannt.

Littig: Hier müssen wir unterscheiden. Beide genannten Geldgeber treten bei den Vereinen neben ihrer Rolle als Investor auch als Fremdkapitalgeber auf. Dadurch entsteht natürlich ein gewisses Druckmittel. Deswegen wollen wir bevorzugt Eigenkapital. Das ist ein enormer qualitativer Unterschied. Das Eigenkapital kann der Geldgeber faktisch nicht zurückfordern. Die Anteile zu verkaufen, macht auch nur im Erfolgsfall Sinn, wenn sich der Wert entsprechend entwickelt, beispielsweise auch durch den sportlichen Erfolg. Derjenige wird also noch bewusster und rationaler eine Entscheidung der sportlichen Führung mittragen. Es lässt sich in der jetzigen Situation ja kein schnelles Geld verdienen. Aber mit einem guten Fundament lässt sich in drei, in fünf oder in zehn Jahren möglicherweise sogar ein finanzieller Ertrag erzielen.

Der Betze brennt: Noch einmal kurz zurück zum Thema Lizenz und den aktuellen Möglichkeiten. Sie wurden medial in den letzten Monaten als klarer Gegner einer weiteren Fremdfinanzierung - also von geliehenem Geld - dargestellt. Wie stehen Sie nun zum eingeschlagenen Weg mit Crowdlending, Fan-Anleihe und Co.?

Littig: Der Begriff "Gegner" von Fremdkapital ist falsch. Es ist eine Frage der Priorisierung. Natürlich hätte ich Eigenkapital bevorzugt, insbesondere weil Fremdkapital Geld kostet und das Gesamtbudget gegebenenfalls auch langfristiger belastet. Crowdlending und auch die Fan-Anleihe sind aktuell jedoch Optionen, die im gesamten Lösungsmix sehr wichtig sind. Auch das so eingebrachte Geld stärkt den FCK und auch die Position gegenüber weiteren möglichen Geldgebern. Noch mal: Stärkung durch Eigenkapital ist das Ziel und meines Erachtens auch effizienter. Dennoch: Die Zeichnung beziehungsweise implizite Verlängerung der Betze-Anleihe sind aktuell ein ganz wichtiger Finanzierungsbaustein und eine Hilfe für den FCK, gegebenenfalls auch um die Handlungsoptionen in allen Bereichen zu verbessern. Nicht nur weil ich davon ausgehe, dass ich das Geld wieder sehe, werde ich selbst 10.000 Euro in der Betze-Anleihe II zeichnen. Weitere Kollegen in der aktuellen Klubführung haben weitere Beträge angekündigt oder sogar schon gezeichnet. Die Zinsen sind meines Erachtens dem Risiko auch angemessen, allerdings sollte bitte kein Fan ein Darlehen aufnehmen, um sich hier zu engagieren. Die Risikohinweise des Prospektes sind unbedingt zu beachten.

"Der FCK hat noch ein riesiges Potenzial in Sachen Mitglieder"

Der Betze brennt: Gibt es nicht auch zusätzlich eine Möglichkeit, mehr Fans als Vereinsmitglieder zu akquirieren und einzubinden? Der FCK hat inzwischen mit die höchsten Mitgliedsbeiträge aller Profifußballvereine in Deutschland. Da könnte bei Mitgliederzahlen wie von Gladbach, Köln oder Stuttgart ein gehöriger Millionenbetrag zusammenkommen.

Littig: Der FCK ist eine große Organisation, auch für den sozialen Beitrag und für die Randsportarten. Kulturell und gesellschaftspolitisch ist der Klub sehr wichtig. Das Ganze muss auf eine breite Basis gestellt werden. Da hilft es natürlich, viele Mitglieder zu haben. Aber natürlich, der FCK hat noch ein riesiges Potenzial was die Mitgliederzahl angeht (der FCK hat momentan rund 17.500 Mitglieder; Anm. d. Red.). Andere Traditionsvereine bewegen sich in der Region von 50.000 Mitgliedern aufwärts. Da ist noch viel Luft nach oben. Zu erfolgreichen Zeiten war der FCK in den 1990er Jahren immer unter den Top 3 Deutschlands, was das Interesse am Verein und die Reichweite der Fans anging.

Der Betze brennt: Es gibt eine Thematik, die dem Aufsichtsrat in Kaiserslautern zum Teil vorgehalten wird: Er würde sich zu stark ins operative Geschäft einmischen. Kann das Gremium dabei noch seiner eigentlichen Aufgabe, der Kontrolle, gerecht werden?

Littig: Da müssen wir doch mal in den Spiegel schauen: Die Erwartungserhaltung ist doch, dass alle Gewählten sich bestmöglich für den FCK einbringen, engagieren und eventuell auch Kontakte nutzen. Dafür sind wir gewählt worden. Formal ist ganz sicher die Aufgabe, Aufsicht zu führen und Kontrolle auszuüben. Die Grenze zwischen Engagement und Einsatz für den FCK und Aufsicht führen, kann manchmal schwierig sein. Ich will aber keinem vorwerfen wollen: Ihr macht zu viel. Aber klar, auch aus dem Selbstschutz heraus müssen wir natürlich aufpassen und das passende Maß finden. Wir sind uns darüber absolut bewusst.

"Möchte in meiner Heimatstadt anpacken - aber nicht als Bürgermeister"

Der Betze brennt: Für Sie persönlich ist das Aufsichtsratsmandat neben dem politischen Engagement in der CDU und der Führung Ihrer Firma teckpro AG eine weitere zeitaufwändige Beschäftigung. Es wird immer wieder behauptet, politisch hätten sie noch größere Ambitionen. In Kaiserslautern sind sie fest verwurzelt und haben Ihre Kontakte. Reizt Sie der Posten des Oberbürgermeisters?

Littig: Da kann ich ganz klar sagen, Oberbürgermeister steht nicht auf meiner Agenda. Ich bin in die Politik auf kommunaler Ebene erst vor drei Jahren sprichwörtlich reingerutscht, auch weil es zu der damaligen Zeit ein gewisses Vakuum gab, und der Posten des Kreisvorsitzenden in der CDU vakant war. Allerdings habe ich viele Menschen in der Stadt und der Region, auch parteiübergreifend, kennengelernt und eine hohe Motivation, im Rahmen des Möglichen auch in der Stadt anzupacken. Aber nicht als hauptamtlicher Bürgermeister.

Der Betze brennt: In der Bundespolitik sind Sie ebenfalls engagiert. Soll es also mal ein Mandat im Bundestag werden?

Littig: Das ist etwas, was man ja nicht selbst entscheiden kann. Sowas muss sich ergeben. Da spielen viele Faktoren eine Rolle. Man muss von den Gremien aufgestellt werden, es muss zusammenpassen, Sinn und Spaß machen und mit der Familie und meiner Firma zu vereinen sein. Aber ja, die Bundespolitik finde ich sehr interessant. Als stellvertretender Bundesvorsitzender der größten wirtschaftspolitischen Vereinigung Europas - MIT, Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU - darf ich schon jetzt in Berlin in verschiedenen Expertenkommissionen mitwirken: Arbeit und soziale Sicherung, Digitalisierung und andere. Die Themen decken sich zum Teil auch mit meinen beruflichen Aufgabenstellungen, weshalb das sehr gut passt.

Der Betze brennt: Kommen wir zur Finanzierung des Fritz-Walter-Stadions: Als Mitglied des Stadtrats und im Aufsichtsrat des FCK sind Sie doppelt mit diesem Thema beschäftigt. Noch in der kommenden Saison gilt für den Verein die reduzierte Pacht in Höhe von 425.000 Euro, danach muss neu verhandelt werden. Wie geht es dann weiter?

Littig: Das setzt uns natürlich unter Druck. Ich gehe nicht in die Planungen und sage, wir bekommen schon noch mal eine reduzierte Miete mit der Stadt verhandelt. Davon können und dürfen wir nicht ausgehen. Im Idealfall realisieren wir den Aufstieg. Andernfalls müssen wir uns zwangsläufig mit einer erhöhten Miete auseinandersetzen. Ich wüsste nicht, wie die Stadt in ihrer aktuellen Situation verantwortlich darstellen könnte, dem Verein einen weiteren Nachlass zu gewähren. Da hilft auch keine Diskussion, wer denn jetzt schuld ist. Viel belastender als der Mietvertrag sind aber die Nebenkosten und Erhaltungsaufwände. Für einen Drittligisten ist das Stadion nicht tragbar. Für einen Zweitligisten kurzfristig schon, aber langfristig auch nicht. Aber man muss auch die andere Seite sehen: In der ersten Liga ist der Vertrag absolut fair. So groß die Belastung auch ist, so groß ist auch die Chance für den Verein, mit dem Fritz-Walter-Stadion Geld zu verdienen. Natürlich nur bei entsprechender Auslastung. Und die gibt es nun mal nur in der Bundesliga.

"Das Ziel muss ganz klar der Aufstieg sein"

Der Betze brennt: Dahin ist es aber ein weiter Weg. Wie lauten die konkreten Planungen im sportlichen Bereich?

Littig: Ich will hier noch mal guten Erstligafußball sehen, das ist das einzige Ziel. Ob das jetzt drei oder fünf Jahre dauert, ist nicht entscheidend, länger aber bitte nicht. Die zweite Liga kann nur eine Durchgangsstation sein. Ein bis maximal drei Jahre dort sind angepeilt. Natürlich gibt es auch den Traum vom Durchmarsch bis in die Bundesliga. In den letzten Jahren hat sich immer wieder gezeigt, dass die Drittliga-Aufsteiger durchaus auch eine Klasse höher um die vorderen Plätze mitspielen können, wie auch diese Saison wieder der SC Paderborn. Wir brauchen im Sommer die richtigen Entscheidungen, auch ein bisschen Glück muss dabei auf den relevanten Positionen dabei sein. Das Ziel muss ganz klar der Aufstieg sein. Alles andere wäre völlig unseriös.

Der Betze brennt: Der Lizenzspieleretat wird nach jetzigem Stand in etwa so hoch sein wie dieses Jahr. Damit war der FCK zwar ganz vorne dabei, dennoch wurde der Aufstieg deutlich verpasst und es wurde deutlich: Die Rückkehr ist ein schwieriges Unterfangen. Das Ziel Aufstieg hat beinahe die halbe Liga.

Littig: Die 3. Liga hat ein großes Problem: Selbst wenn du 50 Millionen Euro hast, weiß ich nicht, ob es gelingt, eine Mannschaft zusammenzustellen, die aufsteigt. Denn selbst mit Geld motivierst du keinen Nationalspieler für die 3. Liga. Wir haben aber im Vergleich zu vielen anderen Drittligisten eine langfristige Vision und ein Umfeld mit anderen Möglichkeiten. Ganz klar ist aber auch: Im überschaubaren Rahmen spielt Geld natürlich eine Rolle. Ob jetzt drei oder sechs Millionen Euro Kaderbudget, das macht schon einen großen Unterschied. Wir müssen zunächst wieder dahin kommen, nicht aus wirtschaftlicher Not Spieler verkaufen zu müssen. Mit Sascha Hildmann haben wir zudem einen sehr guten Trainer, den richtigen Mann für das Projekt in der kommenden Spielzeit.

Der Betze brennt: Nehmen wir Carlo Sickinger als Beispiel. Selbst wenn er aus finanziellen Gründen nicht verkauft werden müsste. Wenn ein Leistungsträger die Chance bekäme, in die Bundesliga zu wechseln - ist er dann auch gegen seinen Willen zu halten?

Littig: Ich will mir natürlich nicht vorwerfen lassen, eine Perspektive von einem anderen Menschen verbaut zu haben. Es gibt aber einen Graubereich zwischen den Interessen des FCK und denen des Spielers. Wenn ein Spieler den Verein verlassen möchte, haben wir natürlich eine Situation, die zu besprechen ist. Aber in dem Moment, wo eine Lücke gerissen wird, die die sportlichen Ziele des Vereins gefährdet, bin ich egoistisch. Wenn ich einen Spieler nicht adäquat ersetzen kann, darf ich ihn nicht verkaufen. Dann zählt der Vertrag.
Wir träumen doch alle davon, zu einer neuen Saison ins Fritz-Walter-Stadion zu kommen und nicht alle Spielernamen und Rückennummern neu zu lernen. Ich bin beispielsweise vor zwei Jahren in ein Restaurant gekommen, in dem ein Spieler seine Hochzeit gefeiert hat. Ich muss ehrlich gesagt zugeben, ich habe ihn nicht sofort erkannt. Vor 30 Jahren wäre mir das nicht passiert.

Der Betze brennt: Herzlichen Dank für das ausführliche Gespräch und Ihnen und allen Kollegen ein glückliches Händchen für die Gestaltung der FCK-Zukunft!

(Das Interview führten Moritz Kreilinger und Thomas Hilmes.)

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Redaktion

Weitere Links zum Thema:

- Teil 1 des Interviews: "Es funktioniert nur, wenn wir alle zusammenarbeiten"

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