Reportage: FCK-Fans im Ausland

Rockin' all over the world

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Nur wenige Fußballvereine in Deutschland haben ein so großes Einzugsgebiet wie der 1. FC Kaiserslautern. Von Luxemburg bis Baden, vom Westerwald bis ins tiefste Saarland pilgern alle 14 Tage Menschenmassen ins Fritz-Walter-Stadion um ihre Roten Teufel zu unterstützen. Doch nicht nur im Umkreis von vielleicht 200 Kilometern gibt es viele FCK-Anhänger, nicht nur in München, Köln oder Rostock Exil-Fanclubs. Einige Fans leben noch weiter entfernt vom Betze. Viel weiter...

Andree Wagner ist eine kleine Legende in der Westkurve. Jahrelang peitschte er den FCK in Block 8 nach vorne, wirkte an einem Fanzine mit und engagierte sich in Sachen Vereinspolitik. Bei der Meisterschaft 1998 drehte der SWR gar eine Kurzreportage über ihn und seinen Kumpel Ralf Reinke vom Fanclub „Lautrer Jungs Zweibrücken“. Seit gut drei Jahren lebt der 35-jährige nun in Asien, zunächst in Vietnam und seit Sommer 2007 in Indonesiens Hauptstadt Jakarta. In der Metropolregion mit 30 Millionen Bürgern arbeitet er als Geschäftsführer eines deutschen Unternehmens.

„Fußball ist hier nach Badminton nur die Sportart Nummer zwei“, erzählt Andree Wagner, der sich natürlich trotzdem gerne mal ein Spiel anschaut. Besonders internationale Partien sind oft interessant: „2007 fand unter anderem in Indonesien der Asien-Cup statt. Beim Spiel der Gastgeber gegen Bahrein peitschten 100.000 Leute im Stadion von Jakarta ihre Mannschaft ununterbrochen nach vorne, die dann auch noch sensationell mit 2:1 gewann.“ In Indonesien gibt es ähnlich wie in England keine Fankurven. Wenn angefeuert wird, dann machen einfach alle mit. Wagner: „Der Wahnsinn! Es geht nur darum, dass die eigene Mannschaft Tore schießt, alles andere ist nebensächlich.“

Vielleicht nebensächlich, aber trotzdem sehenswert ist auch das Drumherum. Nach dem Spiel reisen die Fans meist per Bus nach Hause: „Aber kaum jemand sitzt im Fahrzeug, nein, fast alle Fußballfans hocken auf dem Dach. Mindestens einer mit Trommel, und dann geht es singend in den Abendverkehr.“ Wie die feiernden Anhänger dabei gesund nach Hause kommen, ist für Wagner bis heute ein ungeklärtes Rätsel. „Man stelle sich vor, der Bus von Schary auf der Rückfahrt vom Auswärtsspiel und die Lautrer Ultras sitzen singend auf dem Dach“, schmunzelt der gebürtige Pfälzer.

Doch auch und vor allem der FCK ist selbst im fernen Asien ein alltägliches Thema für Andree Wagner, der nicht ohne Stolz immer noch seine Dauerkarte für die Westkurve besitzt. Informationen holt er sich überwiegend aus dem Internet oder von Freunden in der Heimat, die Spiele verfolgt er in der Regel per Livestream und im Bundesligaradio. Ab und zu reicht das aber nicht, es fehlt einfach die Stadionatmosphäre: „Aber dann rufe ich Freunde im Stadion an und bitte sie, das Handy einfach nur in die Tasche im Hemd zu tun. Dann genieße ich einfach die Stimmung am Telefon, soweit dies möglich ist.“ Als einer der wenigen FCK-Fans freut sich Andree Wagner auch über Montagsspiele seines Vereins, die er dann um 2:15 Uhr Ortszeit meist im Büro verfolgt. „Nachts habe ich die beste Internetverbindung, da außer mir kaum jemand online ist. Außerdem ist durch meine bloße Anwesenheit im Büro die Produktivität der Nachtschicht höher. Das heißt: Spielt der FCK montags, geht es unserer Firma besser“, verrät er mit einem Augenzwinkern.

Die Einheimischen hingegen bekommen vom deutschen Fußball nicht viel mit, der Blick ins Ausland geht eher Richtung England. „Die Leute rennen hier mit Manchester- oder Chelsea-Trikots rum. Die DFL hat zwar auch schon Werbung gemacht, unter anderem mit Testspielen von Borussia Dortmund und Bayern München, doch seitdem wird eher noch weniger Bundesliga gezeigt als vorher“, kritisiert Wagner. Dennoch gibt es manchmal Berührungspunkte: „Beim Asien-Cup hat mich ein Spieler der koreanischen Nationalelf in einem Hotel in Jakarta auf das FCK-Emblem auf meinem T-Shirt angesprochen und gefragt, wie es dem Verein denn ginge. Da war ich zunächst etwas perplex, aber dann hatten wir ein tolles Gespräch.“

Ein anderes Mal besuchte Andree Wagner mit seiner Frau Brigitte die Dayaks, die Ureinwohner der Insel Kalimantan (in Deutschland bekannt als Borneo). „Man sagt, Kalimantan sei der älteste Urwald der Welt, also Dschungel. Als wir unser Ziel nach einiger Zeit erreicht hatten, ein einheimisches Dorf ohne großen Kontakt zur Außenwelt, kam uns gleich der erste Junge nicht traditionell spärlich bekleidet, sondern mit einem WM-Trikot von Miroslav Klose entgegen.“

Ein echter Weltenbummler ist auch Michael Wrase. Vor 52 Jahren in direkter Nachbarschaft der Walter-Brüder in Kaiserslautern geboren, lebte er schon in der Schweiz, im Libanon, Iran und Irak, ehe es ihn 1987 nach Zypern verschlug. Auf der Mittelmeerinsel arbeitet er als Auslandskorrespondent und freute sich natürlich ganz besonders, als der FCK im Januar 2009 ein Trainingslager im zypriotischen Agia Napa absolvierte: „Ich saß damals beim Fan-Essen zwischen Moussa Ouattara und Aimen Demai und wir diskutierten über den Islam, mit dem ich während meiner beruflichen Tätigkeit natürlich auch schon einigen Kontakt hatte.“

Ein so direkter Kontakt ist nur wenigen im Ausland lebenden FCK-Fans vergönnt. Auch Michael Wrase kann die Roten Teufel nur selten live im Stadion unterstützen, ansonsten sieht er die meisten Spiele live auf den Internetseiten eines Wettanbieters. Überhaupt ist das Thema Sportwetten ein großes auf Zypern und die Einheimischen tippen auch gerne auf Spiele des FCK. Doch nicht nur deswegen ist der deutsche Traditionsverein auch zwischen Griechenland und der Türkei ein Begriff. Beim „Herzblut-Finale“ im Frühjahr 2008 sah Michael Wrase die Spiele des FCK mit bis zu 40 Leidensgenossen - übrigens im ungarischen Fernsehen - und auch manch Einheimischer wurde von den Exil-Lautrern bereits mit dem Betzevirus infiziert. „Eigentlich wollte ich auch zum entscheidenden Spiel gegen Köln nach Kaiserslautern reisen, aber die nervliche Belastung war zu groß. Außerdem betrachtete ich es als schlechtes Omen, da ich bereits beim Abstiegsspiel in Wolfsburg dabei war“, gibt Michael Wrase einen Einblick in seine Gefühlswelt vom Mai 2008.

Allgemein hat der Fußball in Zypern einen sehr hohen Stellenwert. „Allerdings werden die Vereine hier oft von politischen Parteien unterstützt, was häufig zu Schlägereien mit Personen- und Sachschäden führt. Der Hass zwischen einzelnen Vereinen ist teilweise schon erschreckend“, so Wrase, der den FCK auch weiterhin mehrmals pro Jahr live im Stadion unterstützt, demnächst voraussichtlich in Karlsruhe und am letzten Spieltag gegen Augsburg. Des Weiteren ist er Vereinsmitglied des FCK und des Fanclubs „Fanini“.

Weit gereist ist schon in jungen Jahren auch Florian Goldbach, der dabei aber ebenfalls die Liebe zum FCK nie aus den Augen verloren hat. Der gebürtige Badener arbeitet seit 2004 beim Auswärtigen Amt, nach Aufenthalten unter anderem in London und Berlin lebt er seit Juli 2009 für vier Jahre im afrikanischen Sambia. „Vom Fußball hier bin ich etwas enttäuscht. Leider sind die Eintrittspreise in Höhe von ungefähr einem Euro für die meisten Menschen zu teuer, da Sambia ein sehr armes Land ist. Deshalb sind meistens nur 200 bis 300 Zuschauer in den Stadien und es existiert weder eine nennenswerte Spiel- noch Fankultur“, so der 23-jährige, den alle nur „Goldie“ rufen. Die wenigen Besserverdienenden in Sambia interessieren sich meist mehr für Vereine aus der englischen Premier League - und für die Nationalmannschaft. Doch ein alles überstrahlender Volkssport wie in Deutschland ist der Fußball in Sambia nicht, selbst das gute Abschneiden der „Chipolopolos“ beim Afrika-Cup wurde zwar verfolgt, aber nicht enthusiastisch gefeiert. Zu tief sitzt zurzeit noch der Frust über die verpasste WM-Qualifikation.

„Außerdem sind Länderspiele hier leider sehr gefährlich und es gibt immer wieder Schwerverletzte oder sogar Tote. Das Militär benutzt bei Auseinandersetzungen rund ums Stadion manchmal sogar scharfe Munition“, gibt Florian Goldbach einen kleinen Einblick in eine völlig andere Welt. Er selbst hat bisher erst ein Länderspiel gesehen, „aber das hat auch gereicht“. Da unterstützt er doch lieber „seinen“ Club, die Lusaka Dynamos, der ab März wieder gegen die anderen Werksmannschaften und Militärvereine um die sambische Meisterschaft spielt. Wie in Deutschland sind hier am Rande des Spielfelds Wurst und Bier im Angebot, aber auch Autoschilder oder Toilettenpapier werden im Stadion verkauft.

Doch auch der FCK spielt weiter eine große Rolle im Leben von „Goldie“, der Mitglied der Fanclubs „Generation Luzifer“ und „Berliner Bagaasch“ ist. Seine Dauerkarte hat er zwar abgegeben („Der Anfahrtsweg zu den Heimspielen ist dann doch etwas zu lang“), im April steht aber bereits der zweite Heimattrip in dieser Saison an - einmal Betze/Sambia und zurück. Goldbach: „Ansonsten bleiben mir leider nur das Internet und Radioübertragungen in schlechter Qualität, um mich über den FCK zu informieren. Wobei ich über einen südafrikanischen Satelliten auch eine handvoll deutscher Sender empfangen kann und mich deshalb immer über Samstagsspiele freue, die dann ja in der Sportschau zu sehen sind.“

Als „FCK-Missionar“ konnte Florian Goldbach in Sambia bisher aber nur begrenzt auftreten. An seinem Dienstwagen befestigte er einen Betzi-Aufkleber, den er nach dem Veto der einheimischen Polizei wieder entfernen musste: „Sambia ist eben ein sehr christliches Land, da gibt es keinen Platz für den Teufel.“ Die anderen FCK-Aufkleber durften bleiben und reisen seither durch die Hauptstadt Lusaka des Landes im südlichen Afrika.

Fußball verbindet, da sind sich die FCK-Fans auch und gerade im Ausland einig. „Fußball wird überall gespielt. Egal ob auf indonesischen Inseln, am Strand von Bali oder Java, im Hochland Sulawesis oder auf der Insel Komodo bei den berühmten Waranen. Überall spielen die Leute Fußball und sind begeistert, wenn man mitspielt“, erzählt der Wahl-Asiate Andree Wagner. „Es gibt keine bessere Möglichkeit auf der Welt, um Grenzen zu überwinden. Beim Fußball spielen gibt es kein Schwarz, kein Weiß, kein Braun und kein Gelb mehr.“ Genauso ist es auch in Afrika, im Mittelmeer und überall sonst auf der Welt. Fußball verbindet, und auch der 1. FC Kaiserslautern ist ein kleiner Teil davon. Für manche aber eben auch ein ganz großer.

Kennst auch Du FCK-Fans im Ausland oder bist gar selbst einer? Erzähl uns im Diskussionsforum davon!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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